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Gleichgültigkeit oder gar das Gegenteil der gezeigten Gesinnung
vermutet wird, dann wenn der Schein allzu offensichtlich trügt,
schlägt vermeintliche Hölichkeit in Unhölichkeit, schlägt Cha-
rakter in Charakterlosigkeit um. Und das scheint nicht nur in der
westlichen Welt zu gelten …
»Konfuzius sagt: Glatte Worte und heuchlerische Miene - da ist es
mit einem guten Charakter meist nicht weit her.«
(Aus Konfuzius,
Gespräche, I. 3
)
In Sorge um sich und andere - Bürgerliche Rein-
lichkeit
Mitte des 18. Jahrhunderts werden die Perücken kleiner und das
Haar unter ihnen weniger fettig. Zeit, einmal kräftig durchzulüf-
ten: frische Luft und frisches Wasser für Körper und Geist. Das
Bad kehrt zurück und Heilbäder entstehen, die neben Sauber-
keit auch noch Gesundheit und ein langes Leben versprechen; die
medizinischen Ratschläge werden vernünftiger. Statt der gefähr-
lichen Miasmen wurden erstmals Keime, Viren und Bakterien als
Ursache von Krankheiten erkannt. Ob Gesundheit, Ernährung,
Schlafverhalten und Reinlichkeit, die Sorge um sich selbst wird
zum beherrschenden Programm des Zeitgeistes. Ein neues Zeital-
ter beginnt: Das Zeitalter der Aufklärung nimmt Fahrt auf. Der
Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit gilt nicht nur
für Geist und Seele, nein, auch der Körper wird lügge. Dem wei-
ßen Leinenhemd folgt die weiße Weste. Dem adligen Müßiggang
die protestantische Arbeitsethik. Das aufstrebende Bürgertum
sucht nach eigener Identität und Abgrenzung. Sowohl gegen den
Adel als auch gegenüber dem Pöbel. Und eine Möglichkeit, dies
gegenüber beiden Klassen zu tun, quasi zwei schmutzige Fliegen
mit einer Klappe zu schlagen, bestand schlicht darin, sauberer zu
