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haupt erst ermöglichen sollen, auch dann, wenn Menschen sich
begegnen, die sich spinnefeind sind. Sie ist die hinreichende Be-
dingung eines gelungen Miteinanders, Etikette und Anstand ihre
notwendigen Bedingungen. Sie ist Parfüm, Schminke, Seife, Samt,
Seide und Champagner. Der Anstand ist das reine Wasser, sei es
zum Trinken oder Baden, notwendig, aber ohne große Rafinesse.
Die gute Kinderstube, die es braucht, um später in der Champions-
League des guten Benehmens eine gute Figur zu machen. »Esprit de
conduite« hat Adolph Freiherr Knigge diese Kunst genannt:
»Die Kunst des Umgangs mit Menschen; die Kunst, sich bemerk-
bar, geltend, geachtet zu machen, ohne beneidet zu werden, sich
nach den Temperamenten, Einsichten und Neigungen der Men-
schen zu richten, ohne falsch zu sein; sich ungezwungen in den
Ton jeder Gesellschaft stimmen zu können, ohne weder Eigentüm-
lichkeiten seines Charakters zu verlieren noch sich zu niedriger
Schmeichelei herabzulassen. Der, welchen die Natur nicht schon
mit dieser glücklichen Anlage hat geboren werden lassen, erwerbe
sich Studium der Menschen, eine gewisse Geschmeidigkeit, Gesel-
ligkeit, Nachgiebigkeit, Gewalt über heftige Leidenschaften und
Heiterkeit des immer gleich gestimmten Gemüts; und er wird sich
jene Kunst zu Eigen machen.«
Kunstvolle Natürlichkeit nannte Knigge es an anderer Stelle. We-
der plump noch künstlich. Nicht ungeschminkt, aber ohne Bo-
tox. Keine Lüge, aber wohlwollende Täuschung. Der menschliche
Umgang funktioniert ohne den schönen Schein eben nicht. Ohne
die Illusion, dass es die Menschen ernst meinen könnten mit ih-
rer Freundlichkeit, wäre die gesellschaftliche Berührung der Men-
schen mit den Menschen doch ziemlich trostlos. So ähnlich wie
ein Abendessen mit belissenen Etikette-Experten: Formvollendet
wäre das wohl, aber etwas steif, wenig geschmeidig, nicht kunstvoll,
eher gekünstelt. Wenig Kunst, wenig Natürlichkeit. Eine wahrlich
schlechte Kombination. Denn da, wo hinter der gewahrten Fassade
