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und Ausweis von sozialen Positionen zu verstehen - doch das,
was die angelsächsische, namentlich die englische Sphäre einzig-
artig macht, ist ihre Art der Befassung damit: Die Existenz einer
sozialen Schichtung wird mit typisch angelsächsischem Pragma-
tismus zunächst weder als gut noch als schlecht, sondern als rein
phänomenal betrachtet. Dies im strikten Gegensatz zur leicht
hysterischen mitteleuropäischen Haltung bei allen Schicht- und
Klassenfragen, die das genaue Gegenteil des angelsächsischen
Pragmatismus ist: Wer in Frankreich oder Deutschland zum Bei-
spiel die reine Faktizität einer gesellschaftlichen Schichtung fest-
stellt, ohne das mit gleichmacherischen Umsturzgedanken oder
mit zu kompensierenden Gerechtigkeitsdeiziten zu verbinden,
ist tendenziell unmoralisch. Schon das Wort »Unterschicht« ist
konliktträchtig und die Klassengesellschaft (wie alle Fragen des
sozialen Status) in Kontinentaleuropa im Grunde ein Tabu - ob-
schon sie selbstverständlich existiert.
Im Jahre 2012 lief eine sehenswerte Dokumentationsserie des briti-
schen Turner-Preisträgers Grayson Perry im englischen Fernsehen,
und zwar unter dem treffenden Titel
All In The Best Possible Taste
.
Perry besuchte in drei Folgen die Working Class, Middle Class and
Upper Class des keineswegs sturmfreien englischen Eilands und
inspizierte ihre speziischen Umgangsformen, Rituale und Ding-
welten. Eine Milieustudie, ein Sittengemälde. Perry identiizierte
dabei »taste tribes«, die sich anhand von »social identiiers« erken-
nen ließen; und er validierte bei seiner sozialen Expedition das be-
reits von Mitford postulierte und immer noch gültige Dogma: Die
britische Gesellschaft indet ihre Schichtung nicht nach Einkom-
men oder Beruf, sondern nach dem Dreiklang: speech, manners,
taste (SMT). Also: Sprache, Umgangsform, Geschmack. (Bei der
US-amerikanischen Gesellschaft ist dieser Dreiklang etwas anders
gestimmt, sie ist plutokratischer als die englische und der Zugang
zu bestimmten Sphären leichter käulich, oder andersherum for-
muliert: Es gibt wohl wenig Gesellschaften auf der Welt, die den
