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der Fall nicht in die Statistik. Als Grund für die immens hohen
Unfallzahlen nennt die World Health Organization (WHO) unter
anderem den Konsum von Alkohol. Auch benutzen viele Inder ihre
Anschnallgurte nicht.
Und doch ist das wirklich Überraschende, wie viel nicht passiert.
Wie viele Menschen abends gesund nach Hause kommen. Denn
vor allem in Städten wirkt der Verkehr für Ungeübte oft wie ein Re-
zept für Katastrophen: Da sind überfüllte Busse mit abgefahrenen
Reifen, Laster, die nachts ohne Licht umhergurken, auf überlade-
nen Motorrädern oder Mopeds sitzen ganze Familien samt Ziege.
Wahnsinnige Überholmanöver, Rikschas, Fahrräder, Fußgänger,
heilige Kühe, Schlaglöcher. Wo einmal zwei Spuren vorgesehen wa-
ren, stehen fünf Fahrzeuge. Gedrängel vor den Ampeln, die Autos
stehen Stoßstange an Stoßstange, hupen scheinbar grundlos. Es ist
heiß, die Luft ist klebrig, der Lärm unglaublich.
Vielleicht beginnt der Reisende dann, Stoßgebete zu verschicken.
Wer jetzt europäische Straßenverhältnisse gewohnt ist, der kann
schon mal nervös werden.
Nervös bin auch ich eines Nachts auf dem Weg von Mumbai zu-
rück auf den Campus. Dem Fahrer fallen ständig die Augen zu.
Er macht sein Fenster auf, dreht die Musik laut. Ab und zu hält
er an und bespritzt sein Gesicht mit Wasser. Aber es hilft nicht,
der Mann ist müde. Er hält an, sagt, er müsse schlafen. Ich lege
mich auf die Rückbank, er schraubt seinen Sitz zurück. Als wir
wach werden, ist es hell. Ich komme zu spät in die Schule. Es hätte
schlimmer kommen können.
»Wenn ich die Straße überqueren will«, erklärt mir ein Freund in
meiner ersten Woche in Indien, »tue ich so, als wäre ich eine heilige
Kuh.« Er laufe einfach los, meint er, da passiere schon nichts. Dann
sagt er: »Irgendwie musst du vertrauen, dass alles gut wird.«
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