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verbeult und nur in Teilen vorhanden, manchmal fehlen ganze Me-
ter. Irgendwann wird der Motor lauter, dann stockt er, dann raucht
er, dann stehen wir - mitten in einer engen Kurve.
Der Fahrer, der sich Suraj nennt, greift nach seiner alten Wasser-
lasche und trinkt. Hinter uns hupt das erste Auto. Es ist schwer,
seinen Gesichtsausdruck zu lesen. Er scheint kaum überrascht, in
keinem Fall panisch. Ein rauchender Motor ist kein Grund zur
Unruhe. Dann öffnet er die hölzerne Tür, springt nach draußen
und verschwindet hinter der Motorhaube. Das Hupen hinter uns
wird lauter, wegen der engen Kurve und des Gegenverkehrs traut
sich niemand zu überholen. Irgendwann erbarmen sich die beiden
anderen Männer und steigen aus. Der eine stellt sich vor die Kurve,
der andere hinter sie. Sie rufen einander zu, leiten den Verkehr und
spielen Ampel. Ab und zu halten Fahrer an und fragen, ob sie hel-
fen können. Die Männer aus dem Lastwagen schicken sie lächelnd
weiter. Etwa eine halbe Stunde später taucht Suraj wieder auf. Er
klettert auf den Fahrersitz und startet den Motor. Er lächelt kurz,
als der Lastwagen anfährt. Nur ein paar Hundert Meter fährt er, bis
auf einen Parkplatz. »Now«, sagt er, »we wait.«
Indien ist das Land mit den meisten Verkehrsunfällen der Welt.
Pro 100 000 Fahrzeuge sterben 173 Menschen, stündlich 14 bis
135 000 pro Jahr. In Deutschland kommen auf 100 000 Fahrzeuge
sieben Tote. Delhi hat doppelt so viele Einwohner wie die Acht-
Millionen-Stadt London. Und doch passieren hier vierzig Mal so
viele Verkehrsunfälle.
In fast der Hälfte aller Todesfälle handelt es sich um Motorrad-
fahrer, die gegen einen Lastwagen oder ein Auto prallen. Eine
Helmplicht gibt es nicht. Experten schätzen die Zahl der Unfälle
und ihrer Opfer weit höher, denn viele Unfälle werden nicht ge-
meldet. Außerdem gilt nur der als Verkehrstoter, der unmittelbar
am Unfallort stirbt. Vergehen einige Stunden oder Tage, so kommt
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