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Flachbildfernseher, die Betten riechen nach Weichspüler, das Hu-
pen des Verkehrs und den Lärm der Stadt grenzen die schalldichten
Fenster aus. Das einzige Geräusch ist das leise Glucksen der vielen
Klimaanlagen.
Zwölf Angestellte hat die fünfköpige Familie Agrawal. Köche,
Gärtner, Putzfrauen, Kindermädchen, Fahrer. Eine Helferin
kommt zweimal täglich nur für den Abwasch - sie lebt in Dharavi.
Morgens klopft eine junge Frau im rosa Sari an meine Zimmertür
und fragt, was sie zum Frühstück bringen darf. Ein paar Minuten
später schiebt sie Rührei mit Toast und frischen Mangosaft auf ei-
nem Wägelchen hinein. Dann lächelt sie und geht, die Zimmertür
schließt sie fast geräuschlos.
Ich blicke aus dem Fenster: ein karger Hof, braungraue, hohe
Mauern. Ein Mann in blauer Uniform sitzt in einem Plastikstuhl,
er bewacht das Tor. Ein anderer kniet vor einem roten Jeep. Mit
einem alten Lappen poliert er den ohnehin schon sauberen Wa-
gen. Er putzt Scheiben und Außenspiegel, schüttelt die Fußmat-
ten aus. Dann verschwindet er im Hintereingang des Hauses. Als
er wiederkommt, trägt er ein frisches, weißes Hemd. Kurz darauf
erscheint ein dritter Mann, ein hagerer, großer Typ mit breitem
Lächeln, mit Aktentasche und Anzug: Rahul Agrawal, der Herr
des Hauses, der Vater meiner College-Freundin Roshni. Der Fah-
rer öffnet die Hintertür, der Uniformierte das Tor, man winkt, der
Wagen verschwindet.
Ich verbringe meinen Tag auf alten Märkten und im Arabervier-
tel. Als ich abends wiederkomme, ist mein Bett gemacht, meine
Kleider liegen zusammengefaltet auf einem Stuhl. Der Tisch im
Wohnzimmer ist gedeckt, es duftet nach Koriander und Curry.
»Wir haben eine Verantwortung«, sagt Rahul beim Abendessen
zu mir. Er ist Manager einer großen Computerirma. Seit vielen
Generationen gehört seine Familie zur indischen Oberschicht. Der
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