Travel Reference
In-Depth Information
ten wickelt wie einen Rock. Vor Ajays Haus trocknen Kuhladen,
im Hof gackern Hühner. Mit einer Pumpe füllt er Wasser in einen
roten Eimer. Darin schwimmt ein kleinerer, ein Messbecher mit
Henkel. Man kann die beiden Utensilien billig und passend kau-
fen in den kleinen Läden im Dorf, es gibt sie indienweit überall.
Ajay trägt den Eimer hinter eine grüne Wellblechwand im Hof,
sein Badezimmer. Auf einem Stein stehend gießt er Eimerchen
für Eimerchen Wasser auf seinen Körper, seinen Dhoti behält er
an. Er reibt sich mit Seife ein, nutzt das restliche Wasser um sie
fortzuspülen. Zehn Liter Wasser benutzt er so für seine Dusche
- der Deutsche braucht im Durchschnitt vierzig. Ajays Methode
nennt sich »Bucket Bath«. Während die Reichsten duschen und
die Ärmsten im Fluss baden, wäscht sich das Gros der Bevölke-
rung auf diese Art und Weise.
Auch Aparna in Delhi, die eigentlich eine Dusche besitzt, bevor-
zugt den Eimer. So sei sie aufgewachsen, sagt sie. Schon als Baby
habe ihre Mutter sie in einen Pott gesetzt und gewaschen. Außer-
dem wolle sie kein Wasser verschwenden. Auch in vielen Hotels
und Pensionen stehen Eimer in den Bädern.
»Ein Eimer pro Person«, sagt die alte, schrumpelige Besitzerin eines
kleinen Hostels in Kerala zu mir, als sie mir das Badezimmer zeigt.
»Aber für Sie: zwei.« Was mir erst großzügig erscheint, ist in Wahr-
heit Ausdruck ihrer Meinung über Europäer: Zu oft schon haben
Reisende sie verdutzt angesehen, sie gefragt, wo denn ihre Dusche
sei. »Die Weißen«, sagt die alte Frau, »haben nicht richtig gelernt,
sich zu waschen.«
Search WWH ::




Custom Search