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reinigung auf Sanskrit. Der Gläubige betet anschließend, dann
frühstückt er. Würde er ungewaschen essen, wäre es, als äße er
Dreck - denn alles, was er dann berührt, wird so unrein wie er
selbst.
Aparna lebt in einem Hochhaus in Delhi. In einem Dorf fünfzig
Kilometer südlich verkauft ihr Vater Obst und Gemüse, die Mut-
ter ist Lehrerin. Aparna selbst arbeitet als Journalistin für eine
Lokalzeitung, war drei Monate lang in Amerika, studierte in De-
lhi Geschichte und Politik. Abends geht sie mit Kolleginnen in
eine Bar oder schaut ihre Lieblingsserie Bigg Boss . Die junge Frau
verkörpert Indiens neue Mittelklasse. An der Wand über ihrem
Sofa hängen zwei Bilder - auf einem die Skyline New Yorks, auf
dem anderen der Gott Ganesh. Gläubig, sagt sie, sei sie eigent-
lich nicht. Und doch, als ich morgens aufstehe und für uns beide
Kaffee koche, rührt sie ihre Tasse nicht an. Ich hatte vorher nicht
geduscht.
Millionen Inder säubern sich täglich, ohne ein Bad oder auch nur
ein Waschbecken zu besitzen. An jenem Fluss in Paud, an dem die
Frauen mittags Kleidung reinigen, stehen morgens nackte Männer.
Sie teilen sich Seife, ihre braunen Körper glitzern in der Sonne. Sie
sind die Ärmsten der Armen; sind heimat- und bildungslos, ziehen
mit ihren Familien durch das Land, bauen provisorische Hütten
aus Stroh und Plastiktüten und suchen nach Arbeit, als Erntehelfer
etwa oder auf Baustellen. Und doch klagen die Männer nicht. Sie
lachen sogar, wie sie da im Fluss stehen und untertauchen. Auch sie
waschen sich vor dem Frühstück.
Früh morgens betritt Ajay seinen Hof. Er ist Bauer und Vater von
drei Kindern, statt Hindi oder Englisch spricht er Rajasthani. Er
hat Bartstoppeln im Gesicht und besitzt zwei Felder, zur Schule
ist er nie gegangen. Wie die meisten Männer in seinem Staat trägt
er einen Dhoti, ein langes Stück Stoff, das er sich um seine Hüf-
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