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Hätte ich nicht zum Abschluss meiner Recherche in den Schrif-
ten des Erasmus von Rotterdam zum hölichen Umgang die Emp-
fehlung gefunden, dass man in feiner Gesellschaft »Winde« durch
Husten übertönen solle, wäre ich davon ausgegangen, die Men-
schen der vergangenen Jahrhunderte seien gänzlich unvertraut mit
ihrem eigenen Körper und dessen Regungen gewesen. (Im Japan
des 21. Jahrhunderts werden im Übrigen auf öffentlichen Toiletten
ebenfalls »Winde« übertönt. Als Freunde der Elektronik greifen die
Japaner zu diesem Zweck allerdings nicht auf analoges Husten, son-
dern auf digital zuspielbare Geräusche zurück.)
Dennoch ist der Zusammenhang zwischen Hygiene und Hölich-
keit nicht nur für die Menschen vergangener Jahrhunderte, sondern
auch im 21. Jahrhundert nicht wirklich transparent: Ein gesunder
und geplegter Körper, das scheint mittlerweile so selbstverständ-
lich zu sein, dass es keiner besonderen Erwähnung bedarf.
Als echtem Knigge werden mir zwar immer wieder Fragen zum er-
folgreichen Umgang gestellt, Fragen zur Hygiene sind jedoch selten
darunter. Genau genommen, fallen mir nur zwei ein: Zum einen,
ob man sich denn nun »Gesundheit« wünschen dürfe oder nicht,
und zum anderen, wie man beispielsweise einem Arbeitskollegen so
wertschätzend wie möglich mitteilt, dass er nach Schweiß riecht.
Wenngleich sich das Transpirationsproblem in der Umsetzung als
größere Herausforderung erweist, empinde ich die notwendigen
Verhaltensempfehlungen als ebenso schlicht wie praktikabel:
Natürlich darf man anderen Menschen Gesundheit wünschen,
wenn sie nicht hundert Mal täglich - beispielsweise aufgrund ei-
nes Heuschnupfens - niesen müssen oder die Konzentration etwas
anderem, Wichtigerem gilt. In einem berulichen Meeting oder
im Theater lautstark »Gesundheit!« durch die Gegend zu brüllen,
zeugt weder von guten Manieren noch von einem gesunden Men-
schenverstand. Einen anderen Menschen darauf hinzuweisen, dass
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