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Beobachtung auf, dass die Anwesenden beim Aufpicken ihrer Por-
tionen überaus rasch und zielgerichtet vorgehen. Keiner stochert
auf der Suche nach den vermeintlich besten Stückchen herum, der
Kontakt zwischen den Stäbchen und den Speisen ist minimal.
Die vornehmen Tischsitten der anwesenden Gesellschaft zeigen
sich noch in einer anderen Hinsicht. Knochen werden in China
vor dem Garvorgang nie vom Fleisch getrennt, stattdessen werden
die Tiere im Ganzen zerhackt. Das erfordert beim Verzehr eine ge-
wisse Übung und wird bei Westlern meistens als mühsam emp-
funden. Chinesen hingegen schwören auf den angeblich besonders
intensiven Geschmack durch diese Verarbeitungsmethode. Ich esse
erstmals Schildkröten, deren Fleisch eine zarte Textur aufweist und
vom Panzer abgenagt werden muss. Ich wundere mich, wie gut die-
se Tiere schmecken, deren Tod durch brennheißes Wasser ich zuvor
als Spion in der Küche unfreiwillig miterlebt habe. Mir fehlt frei-
lich noch die Übung: Bedingt durch unsachgemäßes Abknabbern
oder durch verunglückte Essenszufuhrversuche wird mein Platz am
Ende die größte Verunreinigung aufweisen.
Zwischen den aufgefahrenen Gerichten stehen Taschentücher
in giftgrünen Boxen als Fingerputzhilfe bereit. Ich schnappe mir
eines, schnäuze mich und denke mir nicht viel dabei. Zu diesem
Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass das Schnäuzen bei Tisch in so
ziemlich allen erhältlichen China-Ratgebern unter den potenziellen
Fehltritten ganz oben steht. Ich werde mir auf dieser Reise bei Tisch
noch des Öfteren die Nase putzen und dabei nie das Gefühl haben,
deswegen von anderen schief angesehen zu werden. Das Verbot
rührt daher, dass Chinesen sich häuig
ohne
Taschentuch die Nase
putzen, also durch den sogenannten »Bauernschnäuzer«, wie man
in Österreich mehr oder weniger charmant sagt. Das ist natürlich
ekelhaft und bei Tisch undenkbar. Wer sich hingegen dezent mit
einem Taschentuch die Nase putzt, wird in China bestimmt nicht
zum negativen Gesprächsthema. Allzu heftiges Schnäuzen ist streng
