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oder Anwalt ist, spielt keine Rolle. Wer seinen Arbeitsplatz verliert, verliert da-
mit nicht auch sein Ansehen und das soziale Umfeld. Dann räumt er halt im
Supermarkt ein paar Monate Regale ein, gibt Nachhilfe oder hilft als Babysitter
oder Putzfrau aus. Hauptsache, er tut etwas.
Der Mythos einer egalitären Gesellschaft bedeutet jedoch nicht, dass es in
Australien keine Klassenunterschiede gibt. Das wird jeden Morgen vor 9 Uhr
und jeden Nachmittag nach 15 Uhr deutlich, wenn Busse und Bahnen sich mit
Schulkindern füllen. Sie alle tragen Schuluniformen. Doch sie sind sehr unter-
schiedlich. Viele Schüler und Schülerinnen tragen praktische, meist blaue oder
blaukarierte Baumwollkleider oder graue und braune Shorts mit weißen Hem-
den. Andere sind in Designeruniformen gehüllt. Das sind die jungen Damen
und Herren der Privatschulen. Die Australier haben auch dieses System von
den Briten übernommen. Auch bei den Privatschulen gibt es wieder Unterschie-
de. Da gibt es die preiswerteren katholischen und ein paar islamische und evan-
gelikale Schulen, die schon teuren mittleren Independent School s und die Top-
schools , die pro Jahr fast so viel kosten wie ein Durchschnittsaustralier verdient
und neben repräsentativen Gebäuden auch Schwimmbäder, riesige Sportanla-
gen und ein Wintersportchalet in den Snowy Mountains bieten können. Das
Wichtigste ist jedoch das Old Boys Network , durch das hoffnungsvolle Söhne
und einige Töchter später Anstellungen in bekannten Kanzleien, Privatkliniken,
Unternehmen oder an Universitäten bekommen sollen.
Dieses Network ist heute nicht mehr ganz so exklusiv und wichtig wie zu
Beginn der Geschichte Australiens, aber es existiert noch. Studien zeigen, dass
ein Großteil der australischen Parlamentarier aller Parteien teure Privatschulen
besuchte. Der Besuch einer Privatschule und wohlhabende Eltern erleichtern
auch den Zugang zu den australischen Universitäten. Alle australischen Studen-
ten müssen Studiengebühren zahlen. Je nach Studiengang und Abschluss kön-
nen das zwischen 15 000 und 100 000 Dollar sein (Studierende aus dem Aus-
land zahlen noch mehr). Die australische Regierung gibt jungen Leuten, die dies
nicht zahlen können, niedrig verzinste Darlehen, die mit Arbeitsbeginn in mo-
natlichen Raten zurückgezahlt werden müssen. Diese Darlehen decken aber nur
die Studiengebühren, nicht den Unterhalt der Studenten. Den müssen sie sich
während des Studiums hinzuverdienen, oder die Eltern zahlen.
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