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ten Getreidesorten, Früchte, Wurzeln und andere Pflanzen jeder Art in diesem
Land gedeihen könnten.« Auch von den Einheimischen war Cook angetan. Er
beschrieb sie als edle Wilde im Sinne seines Zeitgenossen Jean-Jacques Rous-
seau. »Sie sind viel glücklicher als wir Europäer. Da sie weder Überfluss noch
die uns Europäern so notwendigen Bequemlichkeiten kennen, sind sie glücklich
ohne sie. Die Erde und das Meer versorgen sie mit allem, was sie für ihr Leben
brauchen. Sie leben in einem warmen Klima und einer gesunden frischen Luft.«
Die Bewunderung der Einheimischen hielt Cook jedoch nicht davon ab, das neu
entdeckte Land kurzerhand zum Besitz der britischen Krone zu erklären.
Seinen Vorgesetzten zuhause erschien indes dieses weit entfernte trockene
Land weniger attraktiv. Doch als sich die Gefängnisse Englands angesichts dra-
konischer Strafen für kleinste Vergehen immer mehr füllten, kam der britische
Gesetzesgeber auf den Gedanken, die schlimmsten Vertreter der, so glaubten
sie, unreformierbaren »kriminellen Klasse« an das andere Ende der Welt zu
schicken, von dem sie nie mehr zurückkehren würden.
Unter Führung des deutschstämmigen Kapitäns Arthur Phillip stach eine
Flotte von elf Schiffen in Richtung Australien in See. An Bord waren 1030 Men-
schen, 750 Sträflinge und ihre Bewacher, meist Offiziere und Soldaten, die man
im werten Mutterland auch nicht vermissen würde. Am 26. Januar 1788 kamen
sie in der Nähe des heutigen Sydney an. In den nächsten 40 Jahren sollten ih-
nen fast 160 000 weitere Strafgefangene folgen. Die meisten waren Diebe, Ein-
brecher, kleine Fälscher und Betrüger, einige politische Aufrührer aus Schott-
land und Irland. Viele der Frauen waren Prostituierte. Die Soldaten, die die Kri-
minellen begleiteten, waren nicht viel besser und mehr an Rum und Glücksspiel
interessiert als an harter Arbeit.
Das Leben in der neuen Kolonie war hart und brutal. Doch das Leben im
heimatlichen Großbritannien war für die Männer, Frauen und Kinder der ver-
achteten »kriminellen Klasse« oft auch nicht besser. Auch dort drohten ihnen
Hunger, Missbrauch und schwere körperliche Züchtigung. In der neuen Kolo-
nie hatten zumindest einige von ihnen die Chance, ein neues Leben auf einem
eigenen kleinen Stück Land zu beginnen.
Aber kaum einer der unfreiwilligen Siedler hatte Ahnung von Landwirtschaft
oder Fischerei. Weder Peitschenhiebe noch Rumrationen konnten aus ihnen
eifrige Bauern machen. Sie hatten Angst vor dem dichten australischen Busch
und den »Wilden«, die sich seltsamerweise weder ihre Frauen noch ihr Land
rauben lassen wollten. Ohne Nachschub aus dem Mutterland wären die wider-
willigen Kolonialisten anfangs verhungert. Erst allmählich begannen freigelas-
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