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Sorry
Die Menschenrechtskommission empfahl 1997 eine offizielle Anerkennung und
eine Entschuldigung für das Leid und das Unrecht, das australische Regie-
rungen und Institutionen wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände der Urbevöl-
kerung angetan haben. Sie forderte Schritte zur Verhinderung weiterer Tren-
nungen von Aboriginefamilien, Hilfe bei der Zusammenführung von Familien
und begleitende Therapien, die Einbindung dieser Leiden in den offiziellen Ge-
schichtsunterricht sowie eine finanzielle Entschädigung der Opfer. Doch dann
wechselte die Regierung. Der neue konservative Premierminister John Howard
weigerte sich hartnäckig, sich im Namen des australischen Volkes bei den
Ureinwohnern zu entschuldigen. Hunderttausende Australier protestierten da-
gegen. Allein in Sydney wanderten am 28. Mai 2000 mehr als 200 000 Men-
schen in einem Versöhnungsmarsch über die Hafenbrücke. Junge Aktivisten,
ältere Damen mit Perlenketten, Familien mit kleinen Kindern auf den Schultern
und Babys im Kinderwagen, Pfarrer mit ihren Gemeinden und ganze Gruppen
von Schülern in ihren Schuluniformen gingen Arm in Arm über die Brücke, um
ihre Aboriginemitbürger um Verzeihung zu bitten. Hoch am Himmel malte ein
Flugzeug in riesigen Lettern das Wort, das sich der Premierminister nicht ab-
ringen konnte: Sorry. Bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele in Sydney ein
paar Monate später sang die Band »Midnight Oil« Songs gegen Rassismus und
Verdrängungswahn. Auf ihren schwarzen T-Shirts prangte strahlend weiß und
groß dasselbe Wort: Sorry.
Trotzdem dauerte es noch acht weitere Jahre, bis der neu gewählte Labor-
Premierminister Kevin Rudd sich vor dem Parlament, vor Opfern der Tren-
nungspolitik und Fernsehkameras aus aller Welt bei der Urbevölkerung ent-
schuldigte. Über Satellit erreichten die Bilder selbst die abgeschiedensten Wüs-
tensiedlungen der Aborigines. Im Namen des ganzen Volkes und aller Parteien
bat Rudd die Urbevölkerung für die Gesetze und die Politik der vorangegange-
nen Parlamente und Regierungen um Verzeihung. Er erkannte an, dass diese
Politik »unseren Mitaustraliern tiefsten Schmerz, Leid und Verluste« zugefügt
habe. »Wir bitten insbesondere um Verzeihung für die Entfernung der Aborigi-
nal und Torres Strait Islanders Kinder von ihren Familien, ihrer Volksgemein-
schaft und von ihrem Land. Wir bitten um Verzeihung für den Schmerz und das
Leid, das diesen gestohlenen Generationen, ihren Vorfahren und ihren Famili-
en angetan wurde. Die Mütter und Väter, Brüder und Schwestern bitten wir um
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