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ren Säugetieren gehören, dass diese den Beuteltieren irgendwie überlegen sind,
aber das stimmt nicht. Beuteltiere können ihren Nachwuchs regulieren. Die Ba-
bys werden winzig geboren und leben im Beutel. Und wenn das Muttertier fest-
stellt, dass die Lebensumstände zu schwierig sind, dass es sie zu viel Energie
kostet, zu diesem Zeitpunkt ein Baby aufzuziehen, dann schmeißt sie es ein-
fach aus dem Beutel. Daher sind Beuteltiere viel widerstandsfähiger und anpas-
sungsfähiger, vor allem in einer immer feindlicheren, immer trockeneren Um-
welt, in der die Nahrung keineswegs gesichert ist.«
Mike Archers Beobachtungen zufolge sind die meisten australischen Beutel-
tiere daher auch »opportunistische Allesfresser«. »Katzen fressen keine Gur-
ken, nicht wahr? Aber mein Quoll, ein Beuteltier, das in Australien die Rolle
einer kleinen Raubkatze einnimmt und eigentlich ein Fleischfresser ist, frisst
genauso gern Gemüse und Obst. Und mein Swamp Wallaby, ein kleines pflan-
zenfressendes Känguru, hat mich mal vor dem offenen Kühlschrank fast umge-
rissen, weil es unbedingt an mein Brathähnchen wollte!« Ein Nymphensittich
hüpft auf Mike Archers Kopf herum, während er spricht. Als ich ihn zum ersten
Mal
interviewte,
kroch
ein
spitzköpfiges,
gesprenkeltes
Quoll
aus
seiner
Schreibtischschublade und schmiegte sich liebevoll an seinen Hals.
Der Tierliebhaber und begeisterte Wissenschaftler verbringt jedes Jahr meh-
rere Monate bei Ausgrabungen in »Riversleigh«. Die ehemalige Rinderfarm im
Lawn Hill National Park in Queensland ist ein Mekka für Paläontologen aus
der ganzen Welt. Der Nationalpark liegt unweit des Savannah Ways, einer 3700
Kilometer langen alten Viehtreiberroute zwischen Cairns und Broome. Zwi-
schen den schroff aufragenden Kalksteinfelsen, in Höhlen und tiefen Schluch-
ten mit kühlen, klaren Wasserlöchern haben Paläontologen bereits über 250
Fundstätten mit Fossilien bisher völlig unbekannter Tierarten gefunden. Einer
der neuesten Funde, der Schädel eines 80 Zentimeter langen Schnabeltiers, mit
spitzen Zähnen im Schnabel (!), ist 15 Millionen Jahre alt. Das ist für Mike Ar-
cher »schon fast keine Überraschung mehr«. Sein von der australischen Sonne
gegerbtes Gesicht leuchtet, er fuchtelt enthusiastisch mit den Armen, wenn er
über sein Lieblingsthema spricht: »Manche der Tiere, die wir gefunden haben,
sind so seltsam, dass wir sie erst einmal ›Thingodota‹, ›Dingsdadonta‹ oder
›Weirdodonta‹, ›Seltsamtier‹, genannt haben, weil es keine vergleichbaren Ar-
ten gibt, weil man so etwas noch nie gefunden hat. Wir sind hier richtige Entde-
ckungsjunkies, wir sind ständig high, weil wir ständig etwas Neues und Seltsa-
mes finden!«
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