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wurde ihre wahre Identität festgestellt. Sie wurde entlassen, aber es dauert noch
fast vier Jahre, bevor eine neue australische Regierung sich bei ihr entschuldig-
te und sie mit über zwei Millionen Dollar für ihre illegale Haft entschädigte. Der
psychische Schaden, den diese Haft bei der jungen Frau ausgelöst hatte, wird
wohl nie mehr behoben werden können.
Die neue Labor-Regierung schloss die schlimmsten Lager auf dem australi-
schen Festland. Der vorübergehend letzte Insasse des Lagers in Manus Island,
der junge staatenlose Palästinenser Aladdin Sisalem, lebte fast 10 Monate allein
in dem verlassenen Camp, bewacht vom schweigsamen Wachpersonal für Tau-
sende Dollar am Tag. Er durfte ab und zu das Lager zu einem Spaziergang ver-
lassen, aber er traute sich dies in den letzten Monaten nicht mehr, weil er von
Einheimischen angegriffen worden war. Zweimal im Monat durfte der junge
Mann seine Eltern anrufen, die in einer Flüchtlingsunterkunft in Kuwait leb-
ten. Aladdin wurde depressiv, erhielt aber nicht immer seine Medikamente. Ei-
ne wackelige Internetverbindung war seine Verbindung zur Außenwelt. Honey,
eine ihm zugelaufene weiße Katze mit orangefarbenen Flecken, die sich oft fest
an ihn kuschelte, war seine einzige Gesellschaft. »Sie saß mit mir am Keyboard
des Computers, und ich konnte mit ihr sprechen«, erzählte er. Als Aladdin end-
lich als anerkannter Flüchtling nach Australien reisen konnte, durfte er Honey
nicht mitnehmen. Er regte sich sehr darüber auf. Ein paar junge Australier, ein
Politiker und ein Radiostar halfen ihm. Sie sammelten für Honeys teuren Flug
und die Quarantänezeit in Australien. Aladdin und Honey wurden wieder mit-
einander vereint.
So viel Aufmerksamkeit erhalten die neuen Insassen von Manus Island heute
nicht mehr. Seit 2009 stieg die Zahl der Bootsflüchtlinge wieder rapide. 2012
landeten 278 Boote mit 17 202 Asylbewerbern im Norden Australiens. 2013 wa-
ren es gar 25 173 - in Deutschland kamen in dieser Zeit über 127 000 Asyl-
bewerber an. Im australischen Wahlkampf erreichte die Hysterie ihren Höhe-
punkt. »We will stop the boats« wurde bis zur Bewusstlosigkeit wiederholt. In
einem Wettlauf der Parteien um die härtesten Maßnahmen gegen Bootsflücht-
linge führte die Labor-Regierung wieder die alte »pazifische Lösung« ein. Mit
Zelten und provisorischen Holzbauten wurden die mittlerweile ziemlich herun-
tergekommenen Lager in Manus Island und Nauru notdürftig repariert. Helfer
der Heilsarmee, die anfänglich die Betreuung der Insassen übernehmen sollten,
beschrieben die Zustände dort als »unmenschlich«.
Nauru ist auf den ersten Blick eine paradiesische Südseeinsel mit Palmen
und weiten Stränden. Wer aber vom Hotel in der Nähe des Flughafens die ein-
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