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zige asphaltierte Straße überquert und 20 Minuten ins Innere der Insel wan-
dert, entdeckt eine reine Mondlandschaft. Spitze Felspfeiler und Stümpfe ragen
dicht nebeneinander wie scharfe Zähne gegen den Himmel auf. Auf dem in der
Hitze hartgebackenen Boden dazwischen wächst kaum etwas, das Resultat der
Ausbeute einstiger riesiger Phosphatvorkommen durch deutsche, britische und
australische Unternehmen. Heute ist das Land bankrott. Fast 90 Prozent der
etwas über 9000 Einwohner sind arbeitslos. Es gibt nicht genug Wasser auf der
Insel. Fast alles wird aus Australien eingeführt. Darunter auch die Lebensmit-
tel, die zu den extrem hohen Übergewichtigkeits- und Diabetesproblemen der
Bevölkerung beitragen. Auf meinem Flug nach Nauru mussten sich mehrere be-
leibte Reisende über zwei Sitze ausbreiten. Hinter uns in den letzten Sitzreihen
stapelten sich Kartons mit Fertignudelgerichten und Kartoffelchips.
An Bord war ein hoher Regierungsbeamter, der gerade von »Verhandlun-
gen« und einer Krankenhausbehandlung zurückkam. Nauru ist fast ganz auf
australische Entwicklungsgelder angewiesen. Kein Wunder, dass die Insel
schnell bereit war, ein Lager für die aus Australien abgeschobenen Bootsflücht-
linge zuzulassen, doch nicht am kühleren Küstenstreifen, in der Nähe des
Meers, sondern mitten in der knochenheißen Mondlandschaft. Heute leben
dort etwa 2300 Asylsuchende, Männer, Frauen, einige schwanger, und Kinder
hinter Gittern in völliger Isolation.
Der junge Heilsarmeehelfer Mark Isaacs war dabei, als das Lager neu eröff-
net wurde. »Am Anfang wurden jeweils acht bis zehn Männer in Armeezelten
mit Böden aus Holzpaletten untergebracht. Tagsüber erreichten die Tempera-
turen in den Zelten fast 50 Grad, nachts kaum weniger, und als die Regenzeit
begann, fing alles an zu schwimmen, und die Männer mussten durch waden-
tiefes Wasser waten.« Die Gesundheitsversorgung war »völlig unzureichend«
und »die Organisation chaotisch oder, so schien es mir, vielleicht sogar gezielt
schlecht, um die Menschen zu bestrafen, ihnen den Aufenthalt so unangenehm
wie möglich zu machen«. Heute leben die Asylbewerber in besseren Unter-
künften, aber das Wasser sei knapp, berichten Mitarbeiter, und es gebe im La-
ger nichts zu tun. Am schlimmsten sei für die Menschen die Ungewissheit. Sie
wüssten nicht, wie lange sie auf Nauru oder Manus Island bleiben müssten. Die
jungen, ungeschulten Heilsarmeehelfer beobachteten Selbstverstümmelung,
Selbstmordversuche und gewalttätige Wutausbrüche unter den Asylbewerbern.
Ihnen wurde gezielt jede Hoffnung genommen, sagte Liz Thompson, eine ehe-
malige Mitarbeiterin im Lager auf Manus Island im Fernsehsender SBS aus.
Den Asylbewerbern seien nur zwei Alternativen für ihre Zukunft angeboten
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