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Samstag - Tag 6: Abstieg Mweka Gate und Moshi
Um viertel vor sechs treibt mich meine Blase aus dem Bett. Traurig bin ich darüber nicht,
denn zum einen konnte ich eh die halbe Nacht nicht richtig schlafen, zum anderen bin
ich überglücklich, dass ich nach mehr als dreißig Stunden wieder pinkeln muss. Ein echt
gutes Zeichen. Bis auf meine Pionierblase geht es mir heute Morgen blendend und ich bin
allerbester Laune. Die dröhnenden Kopfschmerzen, der Säuferblick, die Bauchschmerzen
und alle anderen Symptome, die mich die letzten Tage so gequält haben, sind wie aus-
gelöscht. Nichts, aber auch wirklich nichts, bis auf dicke Augenringe und ein paar hässliche
Blasen an den Füßen, erinnert noch an die Schinderei am Berg. Nichts erinnert noch an das,
was sich laienhaft Höhenkrankheit schimpft. Und während ich pfeifend und nur mit mein-
er Stirnlampe bewaffnet durch das dunkle Camp irre, immer auf der Suche nach einem er-
lösenden Klo, nutze ich die Gelegenheit, um mir nochmal Gedanken über Gasper und die
Trinkgeldsituation zu machen.
Zurück am Zelt renne ich Gasper direkt in die Arme und wundere mich sofort, warum er
schon so früh wach ist. Sonst habe ich diesen Kerl selten vor sieben zu Gesicht bekommen.
Anscheinend hat ihn die weltbewegende Frage nach dem Trinkgeld um den Schlaf gebracht,
denn kaum bin ich in meinem Zelt, quatscht er mich sofort ungeduldig darauf an. Freundlich
erkläre ich ihm, was ich mir für ihn und das Team überlegt habe und warum ich wem was
geben möchte. Damit ersticke ich auch mit Nachdruck sofort jede Diskussion. Wichtig ist
für mich trotzdem, dass beide Seiten ihr Gesicht wahren können. Ich möchte mich nicht wie
ein dummer Tourist verarschen lassen und Gasper will für sein Team natürlich auch nur das
Beste. Also gebe ich dem gesamten Team 200.000 Tansania-Schilling, was umgerechnet in
etwa 125 US-Dollar sind. Zusätzlich bekommt Wilson noch seine vereinbarten 30 US-Dol-
lar dafür,dasserdasRisiko aufsich genommen hat undmich gestern bisaufdenGipfel beg-
leitethat.Allesinallemfair,wieichfinde.AbgesehendavonhabeichehnichtmehrBargeld
dabei. Für Gasper, mit dessen Leistung ich zum Ende der Tour hin einige Male unzufrieden
war, habe ich mir trotzdem etwas Besonderes überlegt. Er bekommt zusätzlich noch meine
rote Adolf Dassler Daunenjacke, weil ich bemerkt habe, dass er sich am Gipfeltag die Jacke
von Hasani ausleihen musste. Des Weiteren überlasse ich ihm mein Deutsch-Englisch Wör-
terbuch und für das restliche Team einiges von meinem Equipment. Diese extra Präsente tun
mir nicht weh. Im Gegenteil, Ausrüstungsgegenstände sind als Alternative und Ergänzung
zum Trinkgeld von den Jungs gern gesehen, weil diese entweder selbst genutzt oder wun-
derbar zu Bargeld gemacht werden können. Mein Plan geht auf. Guide Gasper freut sich
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