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Noch während ich dabei bin die persönliche Ausrüstung wie abgesprochen in meinen
Tagesrucksack und die Tragetasche zu verstauen, wackelt es am Zelt. Kurz darauf wird
der Reißverschluss der Zelttür aufgezogen und Guide Gasper steckt seinen Kopf in das In-
nere. Mit einem trockenem „Karibu!“ und einem freundlichem Grinsen, das im Zwielicht
des Zeltes fast einer Grimasse gleicht, begrüßt er mich. Ein Ritual, was mich bestimmt die
nächsten Tage noch häufiger begleiten wird. By the way, Gasper ist etwas älter als ich, hat
eine zartbitterschokoladenfarbige Haut und ist, wie er mir gestern erzählt hat, in Moshi ,
am Fuße des Kilimandscharos, geboren und aufgewachsen. Sein Körper ist von mittlerer
Größe und schmalschulterig schlank. Das Gesicht ist rundlich und von breiten Wangen-
knochen, weißen Zähnen mit prägnant gelbbräunlichem Einschlag sowie einem wachen
Blick gekennzeichnet. Auf dem Kopf trägt er immer eine dieser selbstgehäkelten, an den
Ohren tiefgeschnittenen, blau-rot-weißen Wollmützen. Ein schwarzer Fleecepullover, et-
was zu lange Blue Washed Jeans und alte knöchelhohe Wanderschuhe runden sein Er-
scheinungsbild ab. Aber viel wichtiger als seine Klamotten oder die Farbe seiner Wander-
socken ist sein Charakter. Und der ist für mich nach der nur kurzen Zeit, die wir uns jetzt
kennen, schwer einzuschätzen. Über seine fachlichen Qualitäten als Bergführer und meine
Chance mit ihm den Gipfel zu erreichen, kann ich auch noch gar nichts Brauchbares aus-
sagen. Fakt ist, - jedenfalls wurde mir das so versichert - dass jeder Guide mehrjährige
Erfahrung als Träger, Koch oder Bedienung am Kilimandscharo vorweisen muss, bevor er
eine Zulassungsprüfung zum Bergführer ablegen darf. Ob das jetzt stimmt oder nur Au-
genwischerei für die blauäugigen Touristen ist... in den nächsten Tagen habe ich freilich
ausreichend Gelegenheit das näher zu ergründen und Guide Gasper besser kennenzulernen.
Doch die fürsorgliche Geste gestern, bei der er seine wenigen Backbananen mit mir geteilt
hat, weil ich Vielfraß mein Lunchpaket bereits am Machame Gate vor lauter Langeweile
verdrückt hatte, macht ihn für mich vorerst sympathisch.
GestärktvomausgiebigenFrühstückundeinmalgutdurchgeschütteltvomekelhaften„Por-
itsch“, einer leicht klumpigen Mehlpampe, die ich danach ein für alle Mal von meiner
Speisekarte gestrichen habe, stapfen Gasper und ich gegen neun Uhr los. Ich fühle mich
heute Morgen richtig kraftstrotzend und bin hochmotiviert. Vielleicht sogar schon übermo-
tiviert. Mir kann es gar nicht schnell genug gehen. Dabei bin ich wie ein aufgeputschtes
Rennpferd, das unruhig darauf wartet, dass endlich das Gatter der Startvorrichtung auf-
springt und es im vollen Galopp über die Rennbahn sprinten darf. Das Ziel unserer Tage-
setappe soll das 840 Höhenmeter weiter oben gelegene Shira Camp sein.
Führte mich gestern unser Weg noch über weichen, tropischen Waldboden, so startet die
heutige Etappe auf glitschigem, steinigem Untergrund. Die gewaltigen massiven Steinplat-
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