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Bei einem Krieg gibt es nur Verlierer -
georgischer Aufstand auf Texel
Auf der niederländischen Nordseeinsel
Texel waren im April 1945 etwa 400 ältere
und sehr junge Soldaten der Deutschen
Wehrmacht ohne Fronterfahrung statio-
niert. Da auch nach Texel durchgesickert
war, dass die amerikanischen und briti-
schen Alliierten im Westen Deutschlands
den Rhein überschritten hatten und im
Osten die Rote Armee kurz vor Berlin
stand, sahen die Soldaten, meist Bunkerbe-
satzungen, dem Kriegsende und damit der
erhofften Heimreise entgegen.
Auf Texel, wo es bis dahin keine Kampf-
handlungen gegeben hatte, waren an die
800 georgische Überläufer und Deser-
teure des 442. Georgischen Bataillons sta-
tioniert. Die meisten waren 1942 und 1943
in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten
und hatten sich zum Dienst in der Wehr-
macht entschlossen. In der Wehrmacht
hatten bis zu einer Million Rotarmisten
gekämpft, um so dem wahrscheinlich si-
cheren Hungertod in deutschen Kriegsge-
fangenenlagern als „russische Untermen-
schen“ zu entgehen.
Nun gab es aber den Befehl Stalins, bis
zur letzten Patrone, bis zum letzten Bluts-
tropfen gegen den Feind zu kämpfen. An-
dernfalls drohte ihnen als Kollaborateure
ein Jahrzehnt Gulag oder gar die Todes-
strafe. Und Stalin meinte es ernst, hatte er
doch seinen eigenen Sohn Jakow aus erster
Ehe, der während der Schlacht bei Stalin-
grad in deutsche Kriegsgefangenschaft ge-
raten und seitens der deutschen Wehr-
macht zum Austausch angeboten worden
war, fallen gelassen. Stalin lehnte den Aus-
tausch ab!
Gleichzeitig hatten sich die Amerikaner
und Briten auf der Konferenz von Jalta im
Februar 1945 verpflichtet, Rotarmisten an
Stalin auszuliefern. Was also tun? Das
Verhältnis zwischen deutschen und georgi-
schen Wehrmachtsangehörigen war bis zu
jenem tragischen 6. April 1945 gut, ja ka-
meradschaftlich gewesen. Es gab zwischen
den beiden Nationen nur einen Unter-
schied - die Georgier waren nicht bewaff-
net, denn hundertprozentig vertraute man
ihnen doch nicht. Sie besaßen lediglich
kleine Dolche für die Rasur.
Der Bataillonskommandeur ließ am
5. April an 500 Georgier Waffen und Muni-
tion austeilen, da sie ab dem Folgetag auf
dem Festland gegen die Alliierten kämpfen
sollten. Ein folgenschwerer Fehler! Mögli-
cherweise sahen die Georgier nun die letz-
te Chance, einen Aufstand zu initiieren und
vor der drohenden Auslieferung ihren Kamp-
fesmut gegen die Wehrmacht zu beweisen.
Noch in der Nacht vom 5. zum 6. April
reichte man vielen deutschen Soldaten
Wodka in eindeutiger Absicht. Kaum eine
Stunde später waren an die 400 von ihnen
erstochen worden. Zehn deutsche Offizie-
re hatten sich freiwillig den niederländi-
schen Untergrundkämpfern ergeben, die
sie wiederum den Georgiern weiterreich-
ten. Diese erschossen die Offiziere auf der
Stelle. Die „Nacht der Georgier“ war ein
beispielloses Blutbad kurz vor Kriegsende.
Im Norden und Süden von Texel befan-
den sich befestigte Batteriestellungen, die
von den deutschen Truppen bis aufs Letzte
verteidigt wurden. Als Verstärkung vom
Festland eintraf und die deutsche Truppen-
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