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Während in Mitteleuropa geschie-
dene oder verwitwete Frauen oft nicht
wieder heiraten, da das Leben als
Single attraktiver erscheint, ist es in
Georgien für diese Frauen schwer. Un-
abhängig vom finanziellen Aspekt
fehlt ein Mann als Repräsentant der
Familie nach außen. Scheidung ist
weit weniger verbreitet als in Deutsch-
land. Mir haben die georgischen Frau-
en immer wieder besonders impo-
niert. Sie tragen nicht nur die gesamte
Last der Haushaltsführung, sondern
verfügen auch über einen hohen Bil-
dungsgrad. Ein Gespräch mit einer
georgischen Frau hat mir fast immer
viel gegeben.
„es könnte ja etwas passieren“. Ange-
sichts der Verkehrsinfrastruktur ist das
aber verständlich. Früher durfte das
Baby in den ersten 40 Tagen nieman-
dem gezeigt werden, damit es nicht
einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt
oder vom bösen Blick getroffen wird.
Am 40. Tag nach der Geburt wird es
getauft, denn von da an, so meint
man, hat es einen Schutzengel.
Soziale Kontrolle und Privatsphäre
In Georgien wird man ungeniert
ausgefragt nach den persönlichsten
Dingen. Wer sich sprachlich verständ-
lich machen kann und auch den Kon-
takt sucht, wird unverzüglich nach
dem Familienstand, der Anzahl der
Kinder, der Höhe des Gehaltes und
der zu erwartenden Rente befragt. Da-
nach wird die „Neuigkeit“ genauso
ungeniert weitererzählt, gern auch im
Beisein des eben Befragten. Während
beides bei uns als schlechtes Beneh-
men zählt, muss man dies hier als nor-
mal ansehen. Jeder kennt jeden und
jeder weiß „alles“ über jeden, was je-
doch auch für die Menschen im Lande
nicht immer einfach ist. So erzählte
mir ein Tourist aus Liverpool, dass er
eine georgische E-Mail-Freundin habe,
die 36 Jahre alt sei und noch unverhei-
ratet. Er durfte sich nur bei der Familie
mit ihr treffen (in deren Wohnung),
damit sie nicht „ins Gerede“ käme. Es
war immer jemand aus der Familie zu-
gegen und sie habe ihm hoch und hei-
lig versichert, dass sie noch Jungfrau
sei. Freundschaften zwischen Män-
nern und Frauen oder Bekanntschaf-
Familiengründung
Es ist schier unglaublich, wie früh die
Georgier die Ehe eingehen. Praktisch
gilt die Zahl 25 als „magische Zahl“.
Wer mit spätestens 25 Jahren nicht
verheiratet ist, findet nur noch schwer
einen Partner, da die potenziellen Kan-
didaten schon „weg“ sind. Es wird
größter Wert darauf gelegt, dass die
Braut noch Jungfrau ist. Ein Zusam-
menleben ohne Trauschein ist undenk-
bar, wenngleich es erste Ausnahmen
gibt. Oft „helfen“ die Eltern bei der
Eheschließung nach. Das ist sicher we-
niger in Tbilisi der Fall, aber in länd-
lichen Gegenden noch immer Sitte.
Bis ins 19. Jh. hinein wurden die Kin-
der oft schon bei der Geburt verlobt.
Heute darf man ab 16, gelegentlich
auch schon ab 14 Jahren heiraten.
Schwangere Frauen beteiligen sich
weniger am öffentlichen Leben. Sie
würden kaum zu Verwandten reisen,
 
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