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zwischen 1293 und 1307 eine Zitadel-
le bauen, von der noch heute der
Turm zeugt. Ebenfalls 1293 gründete
er im Einvernehmen mit dem Abt
Villeneuve St-André, eine damals
sehr moderne Stadt mit geraden Stra-
ßen, die auf einem Platz zusammenlie-
fen. Zudem befreite er die Bewohner
von allen Steuern und schenkte ihnen
wichtige Privilegien.
Das 14. Jahrhundert war nicht nur
für Avignon das Jahrhundert der Päps-
te. Villeneuve profitierte mindestens
ebenso von der Kurie. Um der Enge
Avignons, und von Zeit zu Zeit auch
der Kurie, zu entfliehen, residierten
viele Kardinäle und Prälaten auf der
anderen Rhôneseite, wo ein milderes
Klima herrschte. Meist hatten sie je-
doch gleich zwei Residenzen: ein
Stadthaus in Avignon, einen Landsitz
in Villeneuve. Von diesen sogenann-
ten Kardinalslivrées soll es etwa 15
gegeben haben, sehr prächtige, teils
befestigt und oft mit schönen Gärten.
Villeneuve wurde so zum schicken
„Naherholungsgebiet“ Avignons.
In dieser Zeit (1333) stiftete der Kar-
dinal Arnaud de Via das Kollegiat No-
tre-Dame, dem er seine eigene Livrée
zur Verfügung stellte. 1356 tat der
ehemalige Kardinal Pierre Aubert das-
selbe mit der seinen und gründete das
Kartäuserkloster Val de Bénédiction,
die Chartreuse. Als Papst Innozenz VI.
ließ er sich hier später in einem präch-
tigen Grabmal bestatten.
Doch war das 14. Jahrhundert nicht
nur ein goldenes Zeitalter. Auch Ville-
neuve musste sich vor Bedrohungen
wie der Pest und den umherziehen-
den Söldnerheeren schützen. Dafür
bot sich nichts besser als der Mont An-
daon an. Ab 1362 entstand hier die
Festung St-André. Auch das Kartäu-
serkloster umgab sich mit einer befes-
tigten Mauer.
Trotz allem war die Stadt im Auf-
schwung begriffen, nicht einmal der
Abzug der Päpste aus Avignon konnte
das aufhalten. Selbst nach den Religi-
onskriegen blühte Villeneuve schnell
wieder auf, bis heute sichtbar an den
schönen Privathäusern des 17. und
18. Jh. Villeneuve wurde abermals
Die Livrées
cardinalices
Die Päpste, die im 14. Jh. in Avignon resi-
dierten, brachten natürlich die gesamte
Kurie mit. Es entstand eine Art Engpass auf
dem Wohnungs- und Immobilienmarkt,
der für die ganz hohen Herren in der Form
gelöst wurde, dass andere ihnen ihr Haus
abtreten mussten. So entstand aus dem
Wort livrer die Bezeichnung für den
Wohnsitz der Kardinäle in Avignon und
Villeneuve: große, oft luxuriöse Residen-
zen mit zahlreichen Nebengebäuden.
Meist waren sie um einen Hof herum an-
geordnet, den man durch ein betürmtes
Portal erreichte. Von außen machten die
Livrées durchaus den Eindruck einer Fes-
tung, nachts wurde zudem das Portal ver-
barrikadiert. Mittelpunkt war der Audienz-
und Festsaal, der Grand Tinel, an den sich
eine private Kapelle anschloss. Die meis-
ten der Livrées Villeneuve sind heute ver-
schwunden, die restlichen erfuhren im
Laufe der Zeit so viele Veränderungen,
dass keine originale Livrée mehr zu be-
sichtigen ist (siehe dazu die Hinweise im
Rundgang).
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