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prozesse verloren. Die chemische Analyse wird niemals Aufschluss über die Verschaltun-
gen erbringen, und selbst wenn man mathematische Modelle aller möglichen Wechsel-
wirkungen der elementaren Bestandteile aufstellt - was ein Computer tut und weshalb,
wird sich dabei nicht offenbaren.
Mechanisten treiben also den Pflanzen und Tieren erst einmal ihre Lebendigkeit und
Zielorientierung aus, um sie dann als Molekulargebilde neu zu erfinden. So entsteht dann
zum Beispiel ein molekularer Vitalismus, der jetzt den Genen Absichten und Kräfte zus-
chreibt, die über die bloße Chemie der DNA weit hinausgehen. Gene werden moleku-
lare Entelechien. Richard Dawkins stattet sie in seinem Buch The Selfish Gene (Das ego-
istische Gen) mit Lebendigkeit und Intelligenz aus. Da sind dann die Gene und nicht mehr
Gott die Designer der Lebensmaschinerie:
Wir sind Überlebensmaschinen, aber »wir« bezieht sich nicht allein auf Menschen,
sondern umfasst alles, Tiere, Pflanzen, Bakterien, Viren … Wir alle sind Überlebens-
maschinen für eine bestimmte Sorte von Replikatoren, nämlich Moleküle, die DNA
genannt werden. Nun gibt es ganz verschiedene Arten, sich in der Welt durchzusch-
lagen, und die Replikatoren haben sich einen breit gefächerten Maschinenpark
geschaffen, um alle diese Möglichkeiten auszunutzen. Ein Affe ist eine Maschine, die
auf Bäumen für das Überleben der Gene sorgt; ein Fisch ist eine Maschine, die im
Wasser für das Überleben der Gene sorgt. [90]
»Die DNA geht ihre heimlichen Wege«, sagt Dawkins. DNA -Moleküle sind nach seiner
Auffassung nicht nur intelligent, sondern auch noch egoistisch und skrupellos und rivalis-
ieren wie die »erfolgreichsten Gangster von Chicago«. Sie »erschaffen Formen«, »gestal-
ten Materie«, betreiben ein »evolutionäres Wettrüsten« - und haben dabei ihre eigene
»Unsterblichkeit« im Auge. Solche Gene kann man kaum noch als Moleküle bezeichnen:
Und jetzt schwärmen sie in riesigen Kolonien, geborgen und gegen die Außenwelt
abgeschirmt in gigantischen, turmhohen Robotern, mit denen sie auf gewundenen,
sehr indirekten Wegen kommunizieren und die sie mittels Fernbedienung steuern.
Sie sind in Ihnen und mir, sie haben uns an Körper und Geist erschaffen, ihre Erhal-
tung ist letztlich der Grund für unser Vorhandensein … Sie heißen Gene, und wir sind
ihre Überlebensmaschinen. [91]
Ihre überredende Kraft bezieht diese Darstellung aus der vermenschlichenden Sprache
und ihrer Comic-Bilderwelt. Dawkins räumt ein, dass die Vorstellung dieser egoistischen
Gene mehr von Science-Fiction als von Science hat, [92] aber er findet doch, es sei eine
»kraftvolle und aufschlussreiche« Metapher. [93]
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