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In der Mitte aber von Allen steht die Sonne. Denn wer möchte in diesem schönsten
Tempel diese Leuchte an einen andern oder bessern Ort setzen, als von wo aus sie
das Ganze zugleich erleuchten kann? Wenn anders nicht unpassend Einige sie die
Leuchte der Welt, Andere die Seele, noch Andere den Regierer nennen. Trismegistos
nennt sie den sichtbaren Gott, Electra des Sophocles den Alles Sehenden. So lenkt in
der That die Sonne, auf dem königlichen Throne sitzend, die sie umkreisende Familie
der Gestirne. [47]
Die kopernikanische Wende in der Kosmologie war ein machtvoller Impuls für die weitere
Entwicklung der Physik. Als noch viel radikaler erwies sich jedoch die mit dem
siebzehnten Jahrhundert einsetzende Wende zu einem mechanistischen Naturverständ-
nis.
Es hatte schon in den Jahrhunderten davor mechanische Modelle mancher
Naturphänomene gegeben. So finden wir in der Wells Cathedral im westlichen England
eine vor über sechshundert Jahren installierte astronomische Uhr, die heute noch funk-
tioniert. Die Uhr zeigt vor einem Sternenhintergrund Sonne und Mond auf Bahnen um
die Erde. Die Bewegung der Sonne zeigt den Tageslauf an, und der innere Kreis den
Mond auf seiner einmonatigen Umlaufbahn. Zum Vergnügen der Besucher tauchen jede
Viertelstunde zwei Turnierritter auf und hetzen hintereinander her, und dazu schlägt ein
dritter Mann mit den Fersen Glocken an.
Astronomische Uhren gab es zuerst in China und im arabischen Kulturkreis, wo sie
mit Wasserkraft angetrieben wurden. Um 1300 begann auch in Europa der Bau von
Uhren, aber hier wurde eine andere Mechanik gewählt, die mit Gewichten und Hemmun-
gen arbeitete. Bei diesen frühen Uhren war noch vorausgesetzt, dass die Erde der Mit-
telpunkt des Universums ist. Sie taten ihren nützlichen Dienst, indem sie die Tageszeit
und die Mondphasen anzeigten, doch das veranlasste niemanden zu glauben, die Welt
funktioniere wie ein Uhrwerk.
Um 1600 aber setzte jener Wandel vom organischen zum mechanistischen Bild des
Universums ein, der noch heute unser Wissenschaftsverständnis bestimmt: Mechanische
Weltmodelle galten von nun an als Abbilder der tatsächlichen Funktionsweise der Welt.
Unpersönliche mechanische Prinzipien und nicht wie früher Seelen und Geister von ei-
gener Lebendigkeit und Intention regierten von da an die Bewegungen der Sterne und
Planeten.
Johannes Kepler formulierte sein Vorhaben 1605 folgendermaßen: »Mein Ziel ist es zu
zeigen, dass die himmlische Maschine nicht eine Art göttlichen Lebewesens ist, sondern
gleichsam ein Uhrwerk … Und zwar zeige ich auch, wie diese physikalische Vorstellung
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