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rechnerisch und geometrisch darzustellen ist.« [48] Auch Galileo Galilei (1564-1642) be-
fand, alles sei von »unerbittlichen, unwandelbaren« mathematischen Gesetzen regiert.
Was den Vergleich mit einem Uhrwerk so besonders überzeugend machte, war der
Umstand, dass Uhren etwas in sich Geschlossenes haben und weder als Zug- noch als
Schubgerät für anderes fungieren. Auch das Universum funktioniert gemäß der Re-
gelhaftigkeit seiner Bewegungen und ist damit der Zeitmesser schlechthin. Und das
Uhrwerk war noch von weiterem metaphorischem Nutzen, es führte das Prinzip des
Erkennens durch Tun sinnfällig vor Augen: Wer eine Maschine zu konstruieren ver-
mochte, würde es auch wieder tun können. Mechanisches Wissen war Macht.
Die mechanistische Naturwissenschaft verdankt ihre Geltung nicht in erster Linie ihr-
em philosophischen Unterbau, sondern ihren praktischen Erfolgen, namentlich in der
Physik. Mathematische Modelle müssen im Allgemeinen sehr weitgehend abstrahieren
und vereinfachen, und das gelingt am besten bei Dingen oder Apparaten, die der Mensch
selbst gemacht hat. Mathematik ist in der Mechanik außerordentlich nützlich, wenn es
um relativ einfache Probleme wie die Berechnung der Flugbahnen von Kanonenkugeln
oder Raketen geht.
Ein sprechendes Beispiel ist die Billardkugelphysik, die Karambolagen und Aufprallen-
ergien sehr gut berechnen kann, aber nur mit idealen Billardkugeln in einer reibungs-
freien Umgebung. Die Mathematik lässt sich vereinfachen, wenn man die Umstände des
Spiels selbst stark vereinfacht: Die Kugeln sind von idealer Rundung, der Tisch ist per-
fekt eben, die Gummibande ringsum ist überall vollkommen gleichförmig - kurz, ein Ar-
rangement, wie es unter natürlichen Bedingungen nicht vorkommt. Denken Sie sich zum
Vergleich einen Steinbrocken, der einen Bergabhang hinunterpoltert. In der wirklichen
Welt stellen die Kollisionen und Richtungswechsel der Billardkugeln außerdem einen
Spielverlauf dar, nur liegen die Regeln des Spiels und die Intentionen der Spieler schon
außerhalb dessen, was die Physik erfassen kann. Das mathematische Modell des Verhal-
tens von Billardkugeln ist folglich eine extreme Abstraktion.
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