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Neue Dialoge mit den Religionen
Viele neue Möglichkeiten werden sich aus der Befreiung der Wissenschaften von den
Fesseln des Materialismus ergeben, darunter auch ganz neue Ansätze des Dialogs mit
religiösen Traditionen. [626] Hier ein paar Beispiele.
Aus statistischen Untersuchungen geht hervor, dass Menschen, die regelmäßig an
religiösen Andachtsübungen teilnehmen, tendenziell länger leben, sich einer besseren
Gesundheit erfreuen und weniger zu Depressionen neigen als andere, die das nicht
tun. Auch scheinen Gebet und Meditation von positiver Auswirkung auf Gesundheit und
Lebenserwartung zu sein (siehe Kapitel 10). Wie wirken diese Dinge? Ist ihre Wirkung
rein psychologisch oder soziologisch zu erklären? Oder ist es so, dass die Einbindung in
eine größere spirituelle Realität die Kräfte der Heilung und des Wohlbefindens beflügelt?
Wenn Organismen, wie einfach oder komplex sie auch sein mögen, ihren eigenen Ziel-
bestimmungen folgen, sollte man annehmen, dass auch die Erde, das Sonnensystem, un-
sere Galaxie, ja alle Sterne ihr eigenes Leben und ihre eigene Bestimmung haben. Auch
für das Universum als Ganzes könnte das gelten (siehe Kapitel 1). Im kosmischen Evolu-
tionsprozess selbst könnten Ziele und Zwecke liegen, und der Kosmos könnte einen Geist
oder ein Bewusstsein besitzen. Wenn das Universum selbst evolviert, kann man anneh-
men, dass sich auch sein Geist oder Bewusstsein entwickelt. Ist dieser kosmische Geist
Gott? Vielleicht nur dann, wenn man Gott als den pantheistischen Geist des Kosmos oder
die Seele der Natur begreift. Nach der christlichen Überlieferung ist die Weltseele nicht
mit Gott identisch. Der frühchristliche Theologe Origenes (ca. 184-253) beispielsweise
verstand die Weltseele als Logos, der in seiner nie endenden Schöpferkraft die Welt und
alles, was in ihr vorgeht, hervorbringt. Der Logos war für Origenes ein Aspekt Gottes,
nicht Gott selbst, dessen Sein dem Universum transzendent ist. [627] Wenn es nicht nur
ein Universum, sondern viele gäbe, würde das göttliche Sein sie alle einschließen und
transzendieren.
Das Universum evolviert und ist weiterhin Schauplatz der Kreativität. Das Schöp-
ferische beschränkt sich nicht wie im Deismus auf den Beginn des Universums (siehe
Kapitel 1), sondern begleitet den Evolutionsprozess, wie er sich überall in der Natur,
aber auch in den Gesellschaften, den Kulturen und im Geist des Menschen bekundet.
Dieses Schöpferische mag letztlich göttlichen Ursprungs sein, trotzdem gibt es keinen
Grund, sich Gott als einen äußeren planenden Geist vorzustellen. In der Schöpfungs-
geschichte der jüdisch-christlichen Überlieferung hieß Gott die Erde, Pflanzen und Tiere
hervorzubringen - ein ganz anderes Bild als der später angenommene göttliche In-
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