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Mehraufwand an Energie gegenüber dem Gehen ohne Last. Sie können bis zu 70 Prozent
ihres Eigengewichts mit halb so viel Energieaufwand tragen wie ein amerikanischer Rek-
rut mit Rückenlast. Das liegt nicht nur am Tragen der Last auf dem Kopf, sondern an
einer besonderen Gehweise. [625]
Diese Fähigkeit wirft eine praktische Frage auf. Warum wird sie nicht Teenagern über-
all auf der Welt im Rahmen der »Leibeserziehung« beigebracht? Lasten mit möglichst
geringem Aufwand tragen zu können ist doch sicher nützlich. Es kann ja auch in diesen
modernen Zeiten passieren, dass man schwere Lasten in rauherem Gelände als einem
Flughafen bewegen muss und der Rollkoffer einem nichts nützt. Aber so etwas streben
wir nicht an, weil es von niederem Status zeugt. Frauen, die Lasten auf dem Kopf tragen,
leben in Entwicklungsländern und haben nicht viel zu sagen.
Überheblichkeit lässt viele wissenschaftlich gebildete moderne Menschen annehmen,
sie seien allen vorwissenschaftlichen Kulturen, auch im eigenen Land, überlegen. Gegen
Ende des neunzehnten Jahrhunderts bekam diese Haltung eine wissenschaftliche
Begründung, die vor allem mit Evolution und gesellschaftlichem Fortschritt argumen-
tierte. Anthropologen wie James Frazer (1854-1941) erkannten am Glauben der
Menschen eine dreistufige Entwicklung: Animismus, Religion und Wissenschaft. Prim-
itive Gesellschaften sind nach dieser Auffassung animistisch und kindlich, in ihnen
herrscht das magische Denken vor. Religionen wie das Christentum stehen schon eine
Evolutionsstufe höher, enthalten aber immer noch viele primitive Elemente. Über beide
geht die Wissenschaft hinaus, das Höchste, wozu sich der Menschenverstand erheben
kann.
Weshalb also sollten moderne Menschen lernen wollen, Lasten auf dem Kopf zu tra-
gen, wie es einfache afrikanische Frauen tun? Wie sollten sie von vorwissenschaftlichen
Traditionen wie Yoga und Qigong etwas lernen können? Und was sollten uns Schamanen
außer Hokuspokus zu bieten haben?
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