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Experimentelle Tests zum Experimentatoreffekt
Dass Blindtechniken auf den meisten Forschungsgebieten unnötig sind, ist eine so
durchgängige Annahme, dass man sie einfach hinterfragen muss. [572] In jeder experi-
mentell arbeitenden Wissenschaft können wir fragen: Können die Erwartungen der Ex-
perimentatoren wie »sich selbst erfüllende Prophezeiungen« wirken, indem sie eine be-
wusste oder unbewusste Voreingenommenheit erzeugen, was das Sammeln, die Analyse
und die Interpretation der Daten angeht?
Dazu könnte man ganz einfach Experimente an Experimenten vornehmen. Nehmen
wir irgendein typisches Experiment mit einer zu testenden Probe und einer Kontroll-
probe, etwa den biochemischen Vergleich eines »gehemmten« (das heißt mit einem
Hemmstoff versetzten) Enzyms mit einem ungehemmten. Zuerst wird das Experiment
wie gewohnt durchgeführt: Der Experimentator weiß bei beiden Proben, um was es sich
handelt. Zusätzlich wird das Experiment unter Blindbedingungen gemacht, eine Probe
heißt A, die andere B. Bei einem studentischen Praktikum beispielsweise könnte eine
Hälfte des Kurses das Experiment blind machen, während die andere Hälfte die Identität
der Proben kennt. Stellen sich dann keine signifikanten Unterschiede der Resultate ein,
kann man davon ausgehen, dass Blindverfahren in diesem Fall nicht notwendig sind. Sig-
nifikante Unterschiede würden dagegen auf das Vorhandensein eines Experimentatoref-
fekts hindeuten. Mit weiteren Forschungen könnte man dann die Wirkungsweise solcher
Effekte ermitteln.
Solche Experimente verursachen keine zusätzlichen Kosten, man braucht die Proben
einfach nur anders auszuzeichnen. In Laborkursen an Schulen und Universitäten ließen
sie sich leicht durchführen. Als ich dieses simple Verfahren erstmals vorschlug, [573] bil-
dete ich mir in meiner Naivität ein, dass Skeptiker, die ja gern auf die Objektivität der
Naturwissenschaft pochen, an dieser Frage besonders interessiert sein würden. Ich ver-
öffentlichte deshalb Aufrufe im Skeptical Inquirer [574] und in Skeptic [575] und forderte
alle an Universitäten Arbeitenden zur Beteiligung an diesen Forschungen auf. Das Echo
blieb aus. Richard Wiseman, der selbst ein Skeptiker ist, veröffentlichte zusammen mit
Caroline Watt einen weiteren Aufruf im Skeptical Inquirer, doch auch hier blieb die Reak-
tion weitgehend aus. [576]
Einmal glaubte ich schon, es werde doch noch gelingen, diesen Test durchzuführen.
Ein Physiklehrer einer der führenden britischen Schulen erklärte sich bereit zu einem
Versuch mit einer Abschlussklasse. Er musste dazu allerdings die Genehmigung des
Fachleiters Naturwissenschaft einholen, der mich zu einem Gespräch bat, damit ich ihm
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