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Glas«) im Labor herangezüchtet wurden. Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhun-
derts haben die Arzneimittelfirmen Zigtausende von Verbindungen durchgetestet und
dabei etliche wichtige neue Mittel entdeckt, zum Beispiel Paclitaxel, das aus der Rinde
der Pazifischen Eibe gewonnen und bei der Behandlung von Brustkrebs eingesetzt wird.
Seit langem wiegt sich die medizinische Forschung in der Hoffnung, dass man neue
Heilmittel auch auf anderem Wege als durch dieses Ausprobieren finden kann, nämlich
aufgrund eines umfassenden molekularbiologischen Verständnisses der physiologischen
Vorgänge im Körper. Die Entdeckung der Vitamine und die genaue Bestimmung der Hor-
mone, beispielsweise des Insulins, waren wichtige Schritte auf diesem Weg, und von
den achtziger Jahren an bestand große Hoffnung, dass die Genomforschung und ein
präzises Verständnis der molekularen Vorgänge in den Zellen die »rationale« Heilmit-
telforschung auf eine neue Stufe heben würden. Mit diesem Ziel vor Augen haben Re-
gierungen, Pharmaunternehmen und Biotechnologiefirmen Hunderte Milliarden Dollar
investiert. Die Ergebnisse erwiesen sich als sehr enttäuschend. Die aus den Investition-
en erwachsenden Erträge sind rückläufig, und was die Entwicklung neuer Medikamente
angeht, sieht die Bilanz der Pharmafirmen mager aus. Gleichzeitig laufen allmählich die
Patente mancher »Blockbuster« unter den Medikamenten aus, zum Beispiel für den Cho-
lesterinhemmer Atorvastatin und das Antidepressivum Fluoxetin, was für die Pharmafir-
men jährliche Einbußen in Milliardenhöhe mit sich bringt. Viele der neuen Mittel, die
jetzt zur Markteinführung anstehen, sind nichts weiter als teurere Varianten bereits ex-
istierender Mittel. [490]
Neue Wirkstoffe zu finden und zu testen, das kostet Zeit und immer mehr Geld, we-
shalb die Pharmafirmen während der Laufzeit eines Patents möglichst viel Umsatz mit
dem Mittel zu machen versuchen. Sie stecken enorme Summen in Reklame und Pro-
motion. Manche Firmen geben sich allergrößte Mühe, ihre Produkte als sicherer und
wirksamer darzustellen, als sie in Wirklichkeit sind, und sie verstehen sich darauf, ihren
Behauptungen einen Anstrich von Wissenschaftlichkeit zu geben. Und auch diesen An-
schein der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit lassen sie sich einiges kosten: Gegen
stattliche Honorare lassen sie Wissenschaftler ihren Namen unter Artikel setzen, die die
Firma bei bezahlten Ghostwritern in Auftrag gegeben hat, oder den Wissenschaftlern
werden andere Anreize geboten, um ihren Namen für Studien zu leihen, die sie nicht
selbst durchgeführt haben. [491]
Das medizinische Ghostwriting nimmt mancherlei Gestalt an, aber ein relativ junger
Fall mag verdeutlichen, wie es da zugeht. 2009 strengten vierzehntausend Frauen, die
während einer Hormonersatztherapie mit dem Mittel Prempro Brustkrebs bekommen
hatten, einen Prozess gegen den Hersteller Wyeth an. Vor Gericht stellte sich heraus,
dass viele der für eine Hormonersatztherapie sprechenden Forschungsberichte aus der
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