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Telefontelepathie
So gut wie jeder kennt das, und ich habe es in Hunderten von Geschichten gehört: Ohne
erkennbaren Grund fällt einem ein bestimmter Mensch ein, und im nächsten Augenblick
ruft diese Person an. Oder das Telefon läutet, und man weiß vor dem Abnehmen und
ohne einen Blick aufs Display, wer es ist. Ich habe das aufgegriffen und eine Reihe von
Umfragen in Europa sowie in Nord- und Südamerika gemacht. Im Durchschnitt sagten
92 Prozent der Befragten, sie hätten schon einmal beim Klingeln des Telefons oder kurz
davor an jemanden gedacht, der dann auch tatsächlich am Apparat war. Es sei ihnen wie
Telepathie vorgekommen. [452]
Bei Gesprächen mit Freunden und Kollegen sagten die meisten, so etwas scheine
es tatsächlich zu geben. Manche hatten keine Scheu, von Telepathie oder Intuition zu
sprechen, andere versuchten sich an eher »normalen« Erklärungen, und die sahen in fast
allen Fällen so aus: Es fängt damit an, dass man häufig an andere denkt, und durch Zu-
fall ruft dann einmal jemand an, an den man gerade denkt; man hält es für Telepathie,
vergisst dabei jedoch die unzähligen anderen Male, bei denen es keine Übereinstimmung
dieser Art gegeben hat. Oder: Wenn man jemanden gut kennt, weiß man ungefähr, wann
er was macht, und rechnet - wenn auch vielleicht unbewusst - zu bestimmten Zeiten mit
seinem Anruf.
Ich durchforstete die wissenschaftliche Literatur nach Daten- und Beobachtungsma-
terial, das diese Standardargumentation stützte. Ich fand überhaupt keine Forschungen
zum Thema. Bei den üblichen Argumenten der Skeptiker handelte es sich um Spekula-
tionen ohne Belege.
Ich entwarf zwei simple Verfahren, nach denen die Zufallstheorie und die Theorie des
unbewussten Wissens experimentell überprüft werden konnten. Zuerst rekrutierte ich
Probanden, die angaben, sie wüssten beim Klingeln des Telefons oft, wer dran sein wird.
Ich erbat mir von ihnen die Namen und Nummern von vier Personen, die sie gut kan-
nten, Freunde oder Angehörige. Die Probanden hielten sich für die Dauer des Exper-
iments allein in einem Zimmer mit einem Festnetztelefon ohne Anruferidentifizierung
auf und wurden dabei ständig gefilmt. Befand sich ein Computer im Raum, wurde er
ausgeschaltet; über ein Handy verfügten die Versuchspersonen ebenfalls nicht. Meine
Forschungsassistentin oder ich wählten dann mittels Würfel, das heißt nach dem Zufall-
sprinzip, eine der vier Personen aus. Wir verständigten diese Person und baten sie, un-
seren Probanden in den nächsten Minuten anzurufen, was dann geschah. Das Telefon
klingelte, und bevor unsere Versuchsperson abnahm, musste sie den Namen des ver-
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