Biology Reference
In-Depth Information
wisse nicht, wie es dazu komme. Aber er fügte hinzu: »Wenn man nicht ganz versteht,
wie es dazu kommt, ändert das nichts an der Tatsache, dass es geschieht.«
Nach meiner Ansicht ist die Projektion visueller Bilder sowohl psychischer als auch
physikalischer Natur und vollzieht sich über Wahrnehmungsfelder. Sie sind insofern
psychisch, als sie unserer bewussten Wahrnehmung zugrunde liegen, und zugleich
physikalisch oder natürlich, da sie außerhalb des Gehirns existieren und von erkennbarer
Wirkung sind. Es ist nicht nur bei uns Menschen so, dass die Wahrnehmung über uns
selbst hinausreicht. Tiere sehen aufgrund von Feldern, die über ihren Körper hinaus proj-
iziert werden, und sie hören über akustische Felder. Wir sind darin den Tieren ähnlich.
Die Sinne sind nicht statisch. Die Augen bewegen sich, wenn wir uns etwas ansehen,
der Kopf und der Körper bewegen sich in unserem Umfeld. Während wir uns bewegen,
verschieben sich unsere Wahrnehmungsfelder. Wahrnehmungsfelder sind nicht von un-
serem Körper getrennt, sondern schließen ihn ein. Wir können unsere eigene Körper-
oberfläche sehen, unsere Haut, unser Haar, unsere Kleidung. Wir befinden uns in unser-
em visuellen Feld und in einem Aktionsfeld. Unser Bewusstsein des dreidimensionalen
Raums schließt unseren eigenen Körper in diesem Raum, aber auch unsere Bewegungen
und Intentionen gegenüber dem uns Umgebenden ein. Wie die Tiere nehmen wir nicht
passiv wahr, sondern verhalten uns aktiv; unsere Wahrnehmungen und unser Verhalten
sind eng miteinander verknüpft. [402]
Einige Neurowissenschaftler und Philosophen sind sich darin einig, dass
Wahrnehmungen auf der engen Verknüpfung von Wahrnehmung und Aktivität beruhen,
durch die Tiere und Menschen in ihre Umwelt eingebunden sind. Eine dieser Schulen
vertritt einen »enaktiven« oder »verkörperten« oder »sensomotorischen« Ansatz.
Wahrnehmungen werden nicht in einem Weltmodell im Kopf repräsentiert, sondern im
Zuge der Interaktionen eines Organismus mit seiner Umwelt »in Szene gesetzt« (enac-
ted) oder »hervorgebracht«. Wie es Francisco Varela und seine Kollegen ausdrückten,
»haben sich Wahrnehmung und Aktivität gemeinsam entwickelt … Wahrnehmung ist im-
mer von Wahrnehmung geleitete Aktivität [403] Der Philosoph Alva Noë drückt es so aus:
»Wir sind außerhalb unseres Kopfs. Wir sind in der Welt und von der Welt. Wir sind
Muster von aktiver Beteiligung mit fließenden Grenzen und veränderlichen Komponen-
ten. Wir sind verteilt.« [404] Der Psychologe und erklärte Materialist Kevin O'Regan gibt
diesem Modell den Vorzug vor der Geist-im-Gehirn-Theorie, und zwar eben deshalb, weil
er alles Magische vom Gehirn fernhalten möchte. Für ihn kann das Sehen nicht im Ge-
hirn stattfinden, denn das »bringt einen in die schreckliche Lage, irgendeinen magischen
Mechanismus postulieren zu müssen, der dem visuellen Kortex Sehvermögen und dem
auditiven Kortex Hörvermögen verschafft«. [405]
Search WWH ::




Custom Search