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Henri Bergson nahm den enaktiven und sensomotorischen Ansatz vor über einem
Jahrhundert vorweg, als er herausstellte, dass Wahrnehmung auf Handlung ausgerichtet
ist. »Die meinen Körper umgebenden Objekte bilden sein mögliches Handeln in Bezug
auf sie ab.« [406] Die Bilder sind nicht im Gehirn:
In Wahrheit bilden der Punkt P, die Strahlen, die er aussendet, die Netzhaut und die
betroffenen Anteile des Nervensystems ein einziges Ganzes; der leuchtende Punkt P
ist ein Teil dieses Ganzen, und in Wirklichkeit wird das Bild von P in P selbst und
nicht anderswo geformt und wahrgenommen. [407]
Meine eigene Deutung geht dahin, dass das Sehen über Wahrnehmungsfelder läuft, die
sich sowohl im Gehirn befinden als auch darüber hinaus erstrecken. [408] Das Sehen ist
zwar in der Gehirntätigkeit verwurzelt, findet aber nicht ausschließlich im Kopf statt.
Wie Velmans nehme ich an, dass sich diese Felder in Abhängigkeit von Veränderungen
in verschiedenen Hirnregionen bilden, Veränderungen, zu denen es - unter dem Einfluss
von Erwartungen, Intentionen und Erinnerungen - beim Sehen kommt. Sie sind eine Art
morphisches Feld, und wie andere morphische Felder verknüpfen sie Teile innerhalb von
Ganzheiten und besitzen ein natürliches Gedächtnis, das durch morphische Resonanz mit
ähnlichen früheren Feldern gegeben ist (siehe Kapitel 3). Wenn ich einen Menschen oder
ein Tier anschaue, tritt mein Wahrnehmungsfeld mit dem Feld dieser Person oder dieses
Tiers in Wechselwirkung, was ihnen die Möglichkeit gibt, meinen Blick zu bemerken.
Die Erfahrung sagt uns, dass unser Geist über unser Gehirn hinausgeht. Wir sehen und
hören die Dinge in dem uns umgebenden Raum. Es besteht jedoch ein starkes Tabu ge-
gen die bloße Andeutung, mit dem Sehen und Hören könnte eine Projektion nach außen
verbunden sein. Wir werden dem Problem nicht mit theoretischen Argumenten allein
beikommen, sonst hätten wir sicherlich im Laufe der letzten hundert Jahre, um nicht zu
sagen der letzten 2500 Jahre größere Fortschritte erzielt.
Nach meiner Überzeugung werden wir weiterkommen, wenn wir Geist-Felder als
überprüfbare wissenschaftliche Hypothese und nicht einfach als philosophische Theorie
betrachten. Wenn ich etwas anschaue, wird es von meinem Wahrnehmungsfeld »einge-
hüllt«. Mein Geist berührt das, was ich sehe. So könnte es dann auch sein, dass ich einen
Einfluss auf einen anderen Menschen ausübe, wenn ich ihn nur anschaue. Wenn ich je-
manden, der mich weder sehen noch hören kann und nicht weiß, dass ich da bin, von
hinten anschaue, spürt dieser Mensch meinen Blick dann?
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