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Beweislast überwältigend: Entwicklung war die Bildung neuer, also nicht von vornherein
vorhandener Strukturen. Kurz, Entwicklung war epigenetisch , sie besaß »zusätzliche«
(epi) Anteile, die nicht bereits in der Eizelle vorhanden waren, sondern sich erst bildeten
(genesis) .
Der Gedanke der Epigenese war sowohl mit dem platonischen als auch mit dem aris-
totelischen Denken vereinbar: Keine dieser Denktraditionen ging davon aus, dass alles,
was die Gestalt eines Organismus ausmacht, bereits in der Materie der befruchteten
Eizelle vorhanden ist. Für die Ausprägung der Form war eine Idee oder die Seele
zuständig.
Die Mechanisten standen dagegen vor der gewaltigen Aufgabe, erklären zu müssen,
wie mehr materielle Form aus weniger hervorgehen und sich auf höchst geordnete Weise
entwickeln kann. August Weismann (1834-1914) glaubte in den achtziger Jahren des
neunzehnten Jahrhunderts die Antwort gefunden zu haben. Er unterschied an Organ-
ismen zwei Anteile, nämlich Körper oder Somatoplasma und Keimplasma , eine materi-
elle Struktur in der befruchteten Eizelle. Weismann dachte sich das Keimplasma als et-
was Aktives, in dem »Determinanten« für die Formung des Somatoplasmas vorhanden
waren. Das Keimplasma wirkte auf das Somatoplasma, aber nicht umgekehrt. Diese
Determinanten steuerten die Entwicklung des erwachsenen Organismus, aber das Keim-
plasma selbst wurde unverändert über die weiblichen und männlichen Keimzellen weit-
ergegeben (Abbildung 10A).
Abbildung 10A: Weismanns Schema zeigt die Kontinuität des Keimplasmas von
Generation zu Generation und die Vergänglichkeit der individuellen Organismen.
10B: Das »zentrale Dogma« der Molekularbiologie, das Weismanns Schema in den
Begriffen von DNA und Proteinen interpretiert.
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