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Attraktoren
In vielen Modellen, die Veränderungen beschreiben, wird der End- oder Zielpunkt in An-
alogie zur Schwerkraft als Attraktor gedeutet, wenn auch in der Regel stillschweigend.
So veranschaulicht man beispielsweise chemische Prozesse anhand sogenannter Poten-
zialtöpfe (Abbildung 6). Ein System wird in Richtung seines Energieminimums, das heißt
zum Grund des Topfs, hingezogen:
Abbildung 6: Diagrammdarstellung eines instabilen Systems (A), eines stabilen
Systems am Grund eines Potenzialtopfs (B) und eines teilstabilen Systems (C). Zu-
grunde gelegt ist eine Gravitationsmetaphorik: Die Kugel rollt immer zum tiefst-
möglichen Punkt, dem Punkt der geringsten potenziellen Energie.
In mathematischen Dynamik-Modellen sind End- oder Zielpunkte als Attraktoren darges-
tellt. Attraktoren liegen in »Attraktorbecken«. Das ist wieder sehr metaphorisch, wir stel-
len uns ein Becken vor, in das man kleine Kugeln wirft. Sie rollen mit unterschiedlichen
Geschwindigkeiten hin und her oder an der Wandung entlang, aber alle enden irgend-
wann an derselben Stelle, nämlich am Grund des Beckens, dem Attraktor. Die Metaph-
er ist so plausibel, weil sie bei einem richtigen Becken und richtigen Kugeln tatsächlich
zutrifft: Der tiefste Punkt des Beckens ist ein Gravitationsattraktor.
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beschrieb der Biologe Conrad Waddington
den zielgerichteten Charakter der embryonalen Entwicklung anhand des Bildes von
Attraktoren in einer »epigenetischen Landschaft« (Abbildung 7). Jeder Zielpunkt in
dieser Landschaft steht für ein Organ, etwa ein Auge oder eine Niere, zu dem sich ein
bestimmter Teil des Embryos hin entwickelt. Die Täler repräsentieren den normalen
Entwicklungsablauf, und dieser selbst wird als Kugeln veranschaulicht, die entlang der
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