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Die Rotweine überhaupt, die in Mitteleuropa gerade als Import entdeckt werden,
verdienen höchste Aufmerksamkeit. Bei einem Besuch der Quinta da Rosa im oberen
Douro-Tal lernten wir die alte Winzerfamilie Bergqvist kennen, die neben der Herstel-
lung von Port, Tafelwein und Olivenöl auch einige Zimmer ihres alten Landgutes an
Weinreisende und andere Connaisseure vermietet. Der eichenfaßgereifte 96er, dessen
Reben aus ehemaligen Portweinlagen stammen, zählt zu den köstlichsten Weinen, die
ich je getrunken habe. Auch verläßt der Wein wie in vielen der kleineren Güter die
Quinta nicht, um zu reifen, sondern wird unter während der glühendheißen Sommer-
monate teilweise komplizierten Kühlungsverfahren vor Ort in alten Holzfässern gela-
gert. Während uns Tim Bergqvist, dessen Familie sich bereits seit dem frühen 19. Jahr-
hundert dem Portweinhandel verschrieben hatte, das Prozedere der Portweinherstel-
lung geduldig erklärte, kamen wir zu einem Doppelsteinbecken, das Spuren von dun-
kelroten Farbresten zeigte.
Waren es Steinreste der Stadtmauer von Porto, an denen noch das Blut der »Tipp-
ler's Revolt« gegen die Weinverordnungen Pombals im 18. Jahrhundert klebte? I wo,
winkte Bergqvist mit seinen schwedenblauen Augen ab, strich sich die längeren glat-
ten grauen Haare hinter das Ohr und grinste: Bei den beiden Becken handele es sich
um lagares , eine Vorrichtung zur Trampelkelter, die nach der Weinernte immer so vie-
le Teilnehmer erfordere, daß auch aus umliegenden Dörfern die Menschen vorbei-
kämen, um zu helfen. Da die Geschichte mehrere Tage dauere, so Bergqvist, und die
Weintrauben auch nachts nicht zur Ruhe kommen dürften, werde in Schichten ge-
stampft, was aus der notwendigen Prozedur regelmäßig eine große Party entstehen lie-
ße, an der sich die ganze Familie beteilige. Das Verfahren, so erklärte der Winzer, die
Hälfte der Ernte auf diese Weise zu Most zu verarbeiten, sei der vollständigen maschi-
nellen Kelter weitaus überlegen, da die Füße schonender vorgingen und nicht dazu in
der Lage seien, die Schalen, Kerne und Stiele der Trauben vollständig zu zertreten, was
dem späteren Wein ein viel sanfteres Aroma gebe. Seit in Deutschland an ausländi-
schen Rotweinen neben Chianti und Bordeaux auch Navarra aus Spanien, Cabernet
Sauvignon aus Chile und Zinfandel aus dem Napa Valley beachtet und getrunken wer-
den, gibt es als begrüßenswerte Erscheinung auch häufiger portugiesische Rotweine im
Weindepot des Vertrauenshändlers. Besonders hervorzuheben ist ein wunderbarer
Douro von Portwein-Spezialist und Motorradfahrer Dirk Niepoort mit dem sprechen-
den Namen ›Fabelhaft‹. Das Etikett ist bereits ein
Hochgenuss, eine Art Briefmarkensammlung mit Zeichnungen aus Wilhelm Buschs
Fabel vom Nimmersatttrinkerraben namens Hans Huckebein. In der Flasche selbst sind
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