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Trinken
Eine leichte Brise, ein Gespräch ohne Absicht oder Plan, einen Becher voller Wein, dazu Blu-
men, darin und in nichts weiter gipfelt der höchste Wunsch des persischen Weisen.
Fernando Pessoa
Gibt es ein Land, in dem Erdbeeren auf Bäumen wachsen? Selbst im Märchenland Por-
tugal geschieht seinesgleichen nicht. Wohl aber gibt es einen Baum mit roten Früchten,
den Erdbeerbaum. Dieser Baum ist an der Algarve der Lieferant für den Grappa Portu-
gals, den medronho . Die desinfizierende Wirkung des Getränks steht außer Zweifel.
Aber würden Sie deshalb auch Fußwasser trinken?
Was beim ersten Hinhören wie das Angebot eines Sportlers für seine Fans nach ge-
wonnenem Marathonlauf klingt, ist auf portugiesisch ein berühmter Tresterwein, Água-
, der zur Feier des Martinstags am 11. November getrunken wird, zusammen mit ge-
rösteten Kastanien. Hart an der Grenze zum guten Geschmack ist ein drittes Getränk:
Vinho dos mortos . Der Wein der Toten. Was sich hierunter verbirgt, ist nicht etwa ein
Digestif beim Leichenschmaus. Vielmehr wurde der Rotwein aus dem Westen der Ber-
gregion Trás-os-Montes von den Bewohnern der Stadt Boticas tatsächlich begraben, als
1809 die Truppen Napoleons in das Land einfielen. Als sich der Staub der Schlacht ge-
lichtet hatte, gruben sie den Wein wieder aus und bemerkten erfreut, daß der vormals
einfache kratzige Rotwein geschmacklich ziemlich gewonnen hatte. So machten sie es
sich zum Brauch, ihren Wein in Kellern weit unter der Erde für ein Jahr abzulegen, um
ihn dann zu verkosten und bis heute an die reisenden Liebhaber des Pittoresken auszu-
schenken. Angesichts all der weiteren Seltsamkeiten, die der Region hinter den Bergen
zugeschrieben werden, erscheint selbst diese makabre Getränkebezeichnung als nicht
weiter verwunderlich.
Die praktizierte Form der Geselligkeit, die sich hinter der Formulierung »beber um
copo« versteckt, ist normalerweise mit dem Genuß von Wein verbunden. Aber auch
tagsüber ist es nicht unüblich, in einem Café oder einer Bar einen Schnaps zu trinken.
Im traditionellen Café Nicola in der Nähe des Rossio in Lissabon etwa läßt sich allmit-
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