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andere fühlen sich zum Prediger berufen und laufen nur noch
barfuß durch die Stadt. Bemerkenswert ist, daß schon viele
Christen und Juden das »Jerusalem-Syndrom« entwickelt haben,
bislang jedoch kein einziger Moslem. Eine Erklärung dafür
haben die Ärzte nicht gefunden.
Ein »Tel- Aviv-Syndrom« ist interessanterweise wissenschaft-
lich noch nicht erforscht, es kann aber vermutet werden, daß
diejenigen, die dieser Krankheit erliegen, nicht in einer Klinik
landen, sondern in einer Kneipe. Die Zahl der Kneipen,
Restaurants und Pubs in Tel Aviv nämlich dürfte etwa der Zahl
der Synagogen, Moscheen und Kirchen in Jerusalem
entsprechen. Das auf Sand gebaute Tel Aviv hält sich viel auf
seine Jugendlichkeit zugute, während das auf kargen Bergen
errichtete Jerusalem mit seinen Jahrtausenden protzt. Und wie
das so ist bei einem dermaßen unterschiedlichen Geschwister
paar: Die beiden können einander nicht leiden und gehören doch
zusammen.
Wer in Tel Aviv lebt, blickt auf die Bewohner von Jerusalem
herab, obwohl die oben auf dem Berg wohnen. Für einen echten
Tel Aviver hört hinter der Grenze seiner Stadt die Kultur auf, ist
Jerusalem tiefste Provinz, wo es auf die Frage nach einem guten
Restaurant nur eine Antwort gibt: »Das liegt siebzig Kilometer
weiter westlich, in Tel Aviv.« Logisch, wo sonst. Tel Aviv hält
sich für den Nabel der Welt. Hier glaubt man besser als jeder
Italiener zu wissen, wie man Espresso zubereitet, und besser als
jeder Amerikaner, wie eine amerikanische Bar aussehen sollte.
Falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Tel Aviv liegt voll im
Trend. Das Schlimmste, was einem professionellen Tel Aviver
passieren könnte, aber zum Glück nie passiert: den gerade
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