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Erst 1884 kämpfte sich der Brite Sir John Kirk mit dem Buschmesser durch das unweg-
same Immergrün und fand die Überreste von Gedi, die seitdem als »ostafrikanisches Pom-
peji« gelten.
Was für eine Geschichte! Völlig klar: Ich musste nach Gedi, auch wenn diese Schatzle-
gende vielleicht zu jenem versponnenen Seemannsgarn zählt, das die Inseln zwischen Pazi-
fik und Indischen Ozean umspannt. Dennoch: Wer hat nicht schon mal davon geträumt,
einen geheimnisumwitterten Piratenschatz zu finden? Wer wünscht sich nicht, irgendwo
am Ende der Welt eine eisenbeschlagene Truhe aus dem Sand zu ziehen, die mit Gold und
Edelsteinen gefüllt ist?
Zwei Tage später fand ich mit Yussufs Hilfe im alten Hafen von Sansibar-Stadt eine
seetüchtige Dhau, deren Kapitän mich nach Mombasa zur kenianischen Küste mitnahm.
Es war eine wind- und gischtumrauschte Fahrt, bei der die Dhau mal schwerfällig, mal
federleicht durch den niemals gleichen Wellenteppich glitt. Zumeist war der Rhythmus
der Wellen aber angenehm. Und wenn ich an Deck auf einer Bastmatte lag und in die
wandernden Wolken träumte, trug mich das wunderbare Wiegen der Dhau in Gedanken
fort - in eine andere Wirklichkeit, in eine andere Zeit. Ein herrliches Gefühl. Dennoch ist
es schon sehr seltsam, dass man sich auf einem Segelboot zuweilen wie ein Gefangener
fühlt, doch gleichzeitig ist man nirgendwo freier.
Als ich Kenias Küste erreicht hatte, fuhr ich von Mombasa im Geländewagen auf Asphalt-
und Schlaglochpisten nach Norden - zur Urwaldstadt Gedi, die nun auch schon vom Tour-
ismus entdeckt wurde.
Gedi erschien mir als ein Ort wilder Schönheit. Zwischen Modergeruch und
Treibhausluft war noch alles da, so wie Yussuf es erzählt hatte. Natürlich nur ruinenhaft:
Uraltes Mauerwerk ragte aus üppigem Pflanzengetümmel. Bäume, Buschwerk und Lianen
wucherten in verfallene Wohnhäuser. Mittendrin ein ausgeklügeltes Wassersystem, das zu
den genialsten der Menschheitsgeschichte zählt.
Für ein paar Augenblicke tauchte ich in die Vergangenheit ein und las in einem Reise-
führer, dass Gedi bereits als Hafen antiker Seeflotten existiert hatte. Später zählte sie zum
südarabischen Sabäerreich. Im Jahre 1445 hatte der weitgereiste arabische Geographen Al
Isidris die wohlhabende Urwaldstadt besucht und Gedi als eine augenbetörende Stadt er-
lebt, in der nahezu jedes Haus ein vornehmes Palais war.
Mittlerweile ist der einstige Glanz von Gedi entschwunden, wenngleich eine seltsam
magisch-mystische Stimmung über der uralten Ruinenstadt lag. Vermutlich war ich beein-
flusst von den vielen Legenden, die sich um die moosbedeckten Gemäuerwälle rankten. Hi-
er soll sich auch der sagenhafte Seefahrer Sindbad von seinen Abenteuern auf den Sieben
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