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Ich bin dennoch aus dem Hafen gekommen - und weit weg. Unterwegs ins wirklich
Freie. Um die ganze Welt.
Weltumsegler. Nicht gleich, nein, keineswegs, erst nachdem ich geübt hatte. In der
Bucht von Alicante mit dem Inselchen Tabarca (sozusagen als Sparringspartner) und den
nebenan liegenden Häfen Villajoyosa und Santa Pola. Segeln im Allgemeinen, Segel-
manöver, Hafenmanöver, Ankern, ein Boot steuern, ein Boot rudern, terrestrische Navig-
ation (Peilen, Kurse absetzen, Landmarken einschätzen). Sorge und mehr Gedanken als
nötig machte ich mir um die Astronavigation (theoretisch). Spaß machte es mir, eine
Seekarte zu lesen. Indes: Schon meine Frage »Warum sind darin Kreuzchen vor den Kaps
eingezeichnet?« verwirrte manchen Sailor. Doch neben den Seekarten blieben mir ja noch
meine Bücher. Ich glaubte an die Kraft der Bücher. Segeln über sieben Meere (hat mich
geprägt). Navigation leicht gemacht (das komplexe Zahlenspiel war anfangs hilfreich und
verwirrend zugleich). Heut' geht es an Bord (amüsant, allerdings nicht geeignet als klassis-
che Vorbereitung für eine Meerfahrt). Sie segelten allein (ein Buch fürs Kopfkissen. Es
macht Mut).
Und mehr noch glaubte ich an die Kraft der Karten. Hier meine ich speziell die so-
genannten Pilot Charts. Das sind Monatskarten, die das vorherrschende Wetter der Meere
darstellen. Vor allem Wind und Strömungen sind für Segler von großem Interesse. Im
Einzelnen sind darin graphisch abgebildet: Windrichtungen, Windstärken, Temperaturen
(Wasser/Luft) und anderes meteorologisches Wissen für den jeweiligen Monat. Natürlich
sind in den Karten Sturmquoten sowie Wirbelstürme, Schifffahrtsrouten und Eisberggefahr
verzeichnet. Dann gilt es die Kalmengürtel am Äquator zu beachten. Wind und vor allem
Flaute ändern sich in diesen Seegebieten ständig in ihrer Ausdehnung, weil Nordostpassat
und Südostpassat aufeinandertreffen. Segelschiffe können hier wochenlang festsitzen. Das
wird vielen Seglern zur Qual. Es gibt auf meinem Weltkurs zwei solcher Gürtel zu queren:
einer liegt im Pazifik, der andere im Atlantik zwischen neun Grad Nord und vier Grad
Süd - verändert sich mit den Jahreszeiten. Beide Zonen müssen bei einer Weltumseglung
von Europa aus durchquert werden. Die Pilots waren für mich sehr nützlich an Bord der
ersten KATHENA . Und Seekarten natürlich. Die englischen Seekarten waren meine Schätze.
Sie waren von einer Papierqualität, die sogar die nasse KATHENA überstand. Ich staute sie
hoch oben an der Decke meiner Kajüte. Mit den Karten des Karibischen Meers, der pazi-
fischen Südsee, des Indischen Ozeans, des Kaps der Guten Hoffnung - sogenannten Über-
seglern - ging ich auf die Reise. Mit Detailkarten wollte ich mich unterwegs eindecken.
Den vollzogenen Aufbruch nahm ich kaum wahr. Wie in Trance legte ich in Alicante ab.
Nachdem ich schon einige Abfahrtstermine gecancelt hatte, wagte ich es an einem schönen
Tag im August: Los jetzt, es geht um die Welt!
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