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en Han-Chinesen sind. Außerdem gibt es noch Hui, Mandschuren und 2,5 Millionen Mon-
golen, vor denen zu Zeiten Dschingis Khans die halbe Welt zitterte. 1949 wurden die Nach-
fahren dem chinesischen Riesenreich einverleibt. Doch für ein Leben in Städten und Fab-
riken sind die Hirten und Nomaden bis heute nur schwer zu begeistern.
Ich hatte mir vorgenommen, das ehemalige Reich der Tanguten, auch Xixia genannt,
zu durchwandern. Dieses den Tibetern verwandte Volk stammt aus dem Gebiet des Kuku-
Nor, dem nordöstlichen Teil der tibetischen Hochebene. Noch heute gelten die Xixia als
sagenumwobenes Volk, das einst eine einzigartige Schrift entwickelte, die erst Anfang
des 20. Jahrhunderts in einem entlegenen Buddhatempel der Wüste Gobi entdeckt wurde.
Bereits vor 990 hatten die Xixia einen wehrhaften Nomadenstaat in Chinas Norden gegrün-
det. 1227, nach einer zweihundertjährigen Herrschaft, wurden sie von den Mongolen über-
fallen. Damals hatten die Xixia die Oberherrschaft Dschingis Khans über Innerasien zwar
anerkannt, doch sie folgten seiner Forderung nicht, die mongolischen Truppen in ihren mil-
itärischen Unternehmungen gegen das Reich der Mitte zu unterstützen. So kam es zum
Krieg, wobei die Reiterlegionen der Mongolen das Volk der Xixia weitgehend auslöschten.
Im gleichen Jahr starb auch Dschingis Khan. Ob auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen
die Xixia oder Wochen später nach schwerem Sturz von seinem Pferd, bleibt bis heute ein
Rätsel. Ungeklärt ist auch die Frage, ob Angehörige der Xixia das einstige Gemetzel der
Mongolen überlebten. Und: Wohin waren sie geflohen? Wissenschaftler haben mittlerweile
Dokumente aus der Ming-Zeit (14. bis 17. Jahrhundert) entschlüsseln können, die auf eine
weitere Existenz der Xixia nach dem Untergang ihres Reiches hinweisen. So sollen im ge-
birgigen Nordwestteil der chinesischen Provinz Sichuan Menschen leben, deren Sprache
viele Ähnlichkeiten mit jener der Xixia aufweisen. Doch eindeutige Beweise gibt es nicht.
Bis heute kann man nicht genau sagen, wohin die Überlebenden der Xixia einst flohen. Ihr
Weg verliert sich in Überlieferungen und Geschichtsbüchern.
Mich lockten drei ausgedehnte Wüsten, die sich noch heute auf dem Gebiet des ehema-
ligen Xixia-Reiches erstrecken: die Badain Jaran, die Tengger und die Ordos, die ich von
Westen nach Osten durchwandern wollte. Meine Reise sollte von jenem sagenumwoben-
en Buddhatempel im wüsten Westen Chinas bis zum Dschingis-Khan-Mausoleum bei Ejin
Horo auf dem Ordos-Plateau führen. Eine Strecke von 1400 Kilometern. Meine Fortbewe-
gungsmittel waren meine Füße und zwei Kamele, mit denen ich durch drei ozeangleiche
Einöden ziehen wollte, die wie fast alle Wüsten Chinas als »Windkammer Asiens« gelten.
Hier wütet nämlich der Kara Buran, der »Schwarze Sandsturm«. In manchen Jahren faucht
er mehr als 100 Tage mit Stärke acht bis zwölf über das Land und zerstört alles, was sich
ihm in den Weg stellt. Seinem Namen wird er meist schon deshalb gerecht, weil er oft den
Himmel verdunkelt, wenn er aus Nordosten anrückt und über die weiten Wüstenregionen
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