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Wissen, das aufgrund der spezifischen Dichte des menschlichen Körpers, die dem Wasser
sehr nahe kommt, ein vollständiges Einsinken ausgeschlossen ist. Wer allein in einer Wüste
bis zur Hüfte in einem Wasser-Sand-Gemisch feststeckt, hat ohne fremde Hilfe kaum eine
Überlebenschance.
Als mir mit den Jahren immer klarer wurde, dass ich für ein bürgerliches Leben mit seinen
einengenden Konventionen nicht so gut geschaffen war, nahm ich - neben Schule und
Studium - verschiedene Teilzeitjobs an, um finanziell imstande zu sein, die abgesteckten
Grenzen unserer Gesellschaft zu verlassen. Manchmal war ich bis spät in die Nacht als
Lagerarbeiter tätig, und am anderen Morgen drückte ich schon wieder die Studierbank. All
diese Strapazen nahm ich aber gern auf mich, um hinaus in die Welt zu kommen: nach
Afrika, Asien, Amerika, Australien - und vor allem in die Wüsten.
Meine Eltern und auch manche Freunde begegneten meinen Bemühungen, in die Ferne
und Fremde zu reisen, jedoch mit großer Skepsis. Immer wieder versuchte ich ihnen be-
greiflich zu machen, dass ich mir ein Leben voller Risiken und Unwägbarkeiten sehr viel
eher vorstellen konnte, als am Schreibtisch irgendeines Großraumbüros zu verkümmern.
Vor allem wollte ich eigene Ideen und Vorstellungen umsetzen. Damit meine ich nicht
ein selbstbestimmtes Leben ohne Beschwernisse. Was mir vorschwebte, war die Freiheit
zum eigenen Ich, zum eigenen Leben, um sich selbst auszuprobieren, um Erfahrungen und
Erlebnisse zu sammeln, die einem dauerhaft bleiben - so wie ein Drahtseilakt unter ho-
her Zirkuskuppel, aufregend und gefährlich. Nur: Ich wollte keine Absicherung und kein
gespanntes Netz.
Das war es, was ich anstrebte. Doch schließlich musste ich feststellen, dass das Entkom-
men von zu Hause gar nicht so einfach war. Wieder und wieder musste ich mich rechtfer-
tigten, ließ mich auf ermüdende Diskussionen ein, rannte zuweilen gegen Mauern aus Un-
verständnis an und war empört, als mir schiere Selbstsucht vorgeworfen wurde.
Was mir schließlich half, war eine »Jetzt erst recht«-Durchhaltetaktik. Mein Ego steckte
sich einfach Watte in die Ohren, und ich ließ mich nicht davon abbringen, meine Träume
auszuleben.
Auf meinen Reisen konnte ich mich dann zwar in den euphorischsten Gedanken ver-
lieren, musste mich aber besonders in den Wüsten an so mancherlei gewöhnen: an Sand
und Staub, Schotter und Geröll, Hunger und Durst, Skorpione und Schlangen, blendende
Helligkeit und sengende Glut, die Fliegen, die mich piesackten, das Toben der Stürme, das
Knirschen des Sandes zwischen den Zähnen - und daran, dass man nachts wie ein Tier
schläft, niemals tief, immer bereit zu reagieren. Trotz all dieser Fremdartigkeit und der
physischen wie auch psychischen Anstrengungen fühlte ich mich in der Wüste von Kar-
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