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dern auch große Trinker sind, lieben sie verschiedenste Sorten Milchbranntwein, archi
genannt, sowie airag , das Nationalgetränk der Mongolen: leicht vergorene und alkohol-
haltige Stutenmilch. Alle Milcherzeugnisse gelten bei den Mongolen übrigens als glück-
verheißend, weil die Farbe Weiß Sinnbild für Reinheit und göttliche Vollkommenheit ist.
Natürlich darf ich den chinesischen Reisschnaps Mou-tai nicht unerwähnt lassen, von
dem ich während einer uigurischen Hochzeitsfeier sehr viel mehr trank, als ich vertragen
konnte. Ich erinnere mich noch genau, wie ich in den neunziger Jahren durch Chinas
Turfan-Senke wanderte, eine 78 000 Quadratkilometer große Wüstenebene, die mit
154 Metern unter dem Meeresspiegel als eine der tiefstgelegenen Regionen der Welt gilt.
Diese Gegend wird von den Chinesen Houzhou genannt - »Land des Feuers«. Denn in
dieser Senke klettert die Temperatur im Sommer auf fast 50 Grad, während sie im Winter
bis zu minus 15 Grad absinkt. Zudem schwillt hier an fast 70 Tagen im Jahr der heiße
Wind zu Sandstürmen an, die mit mehr als acht Stärken durch die Trockensenke toben.
Mittendrin liegt die Oase Turfan, einer der heißesten Orte Chinas und dennoch ein Ort der
Fruchtbarkeit: Ein 2000 Jahre altes Bewässerungssystem, das aus unterirdischen Kanälen
und Hunderten von Brunnen besteht, zaubert sattes Grün in die Wüste. Hier sah ich nicht
nur kleine Wäldchen, sondern auch Baumwoll-, Mais- und Melonenfelder sowie die ber-
ühmten zuckersüßen, kernlosen Weintrauben, deren Reben einige Straßenzüge umrankten.
Gastfreundschaft ist hier noch heilig. Völlig überraschend wurde ich von einem uigur-
ischen Brautpaar zur Hochzeit eingeladen. Mehr als 100 Gäste saßen unter freiem Himmel
an langen Holztischen im Schatten riesiger Sonnensegel. Ein fröhliches Essgelage, zu dem
es gebratene Hühnchen, höllisch scharfes Fleisch, gesalzenen Reis, allerlei Gemüse und
Fladenbrot gab. Danach wurde mein Glas immer wieder mit Reisschnaps gefühlt, sodass
ich irgendwann, angefeuert durch das rhythmische Klatschen der Uiguren, in dicken Sock-
en wie ein Derwisch über einen großen bunten Teppich tanzte, bis ich über die eigenen
Füße stolperte und schallendes Gelächter erntete.
Eine ganz andere Esskultur erlebte ich in der afrikanischen Sahara bei den Tuareg. Dort
steht vor allem Getreide wie Hirse, Gerste und Weizen im Mittelpunkt der Ernährung.
Hinzu kommen Datteln, die für die gesamte Vitaminzufuhr sorgen, und natürlich Milch-
produkte, die die Tuareg weitgehend selbst herstellen. Fleisch gibt es eher selten, Ziegen
oder Schafe werden nur zu besonderen Anlässen geschlachtet.
Die Frauen bereiten die Mahlzeiten zu, essen aber niemals mit den Männern zusammen.
Das ist so Brauch.
Zum Essen ziehen sich die Tuareg gern in den Schatten ihrer Wohnstätten zurück, egal
ob sie in transportablen Kamelhaarzelten oder in selbstgebauten Hütten aus biegsamen
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