Travel Reference
In-Depth Information
Ästen oder trockenem Wüstengras leben. Ihre Habseligkeiten im Inneren der Unterkünfte
sind überschaubar: ein paar Kisten mit Kleidung und persönlichem Alltagskram, einige
Decken, ein paar Metallschüsseln, Kochtöpfe, Becher, Löffel, Messer, Wasserschläuche
sowie mehrere Plastikkanister. Reich ist bei den Tuareg nicht der, welcher viel Besitz
mit sich herumschleppt. Reich ist nur, wer auch viele Tiere sein Eigen nennen kann.
Daher bestimmen vor allem die Ziegen-, Schaf- und Kamelherden den Alltag und die
Ernährung. In vielen Saharaländern führten jedoch soziale und kulturelle Umbrüche, Dür-
rekatastrophen, Kriege und Flüchtlingsprobleme zu großen Veränderungen im Leben der
Tuareg, sodass viele Familien oft in menschenunwürdigen Verhältnissen leben.
Als Gast im geräumigen Tuareg-Zelt, wo zur Mittagszeit die Seitenbahnen hochgerollt
werden, sodass der Wind etwas Kühlung bringt, wurde mir immer als Erstes ein Sitzplatz
angeboten, dann bekam ich eine Schüssel mit Wasser und einen Tee. Doch ein Targi
macht nicht einfach nur Tee. Er veranstaltet eine Zeremonie mit rußiger und bauchiger
Blechkanne, kleinen Teegläschen, frischer Minze und grünen Teeblättern, die oft in einer
Plastiktüte stecken. Auf einem Kohlefeuer wird die Kanne dann zum Sieden gebracht, ehe
man reichlich Zucker hinzugibt, sodass der Tee so süß wie Sirup wird und man sich dem
herrlich belebenden Getränk hingeben kann.
Am liebsten mag ich den Morgentee, wenn ich gerade aufgewacht bin und mich im
Dämmerlicht an das leise knisternde Lagerfeuer setze. Ein Targi in dunkelblauem Gewand
schenkt mir das Getränk nach altem Brauch ein - mit viel Abstand zwischen Kanne und
Glas. Auf dem Tee schwimmt noch etwas Schaum, und das heiße Glas wärmt die Hand,
während der blasse Mond verschwindet und eine rote Sonne aus dem Erdschatten aufsteigt.
Niemand spricht. Schweigen erfüllt die Weite. So fängt der Tag wahrlich gut an.
Als Hauptgericht essen die Tuareg zerstampfte Hirse, die in einem zerbeulten Eisentopf
über dem Feuer erhitzt wird. Zu dem sättigenden Brei ( eralé teyni ), der mit Ziegenmilch,
Salz oder Käse vermischt wird, gibt es Kamelmilch oder einen Becher mit Wasser. Eine
vierköpfige Familie benötigt etwa fünfzehn bis 20 Liter Wasser in einer Woche. Davon
trinken und kochen sie. Die schmutzigen Teller oder Schüsseln scheuern sie erst mit Sand
und benetzen sie anschließend mit einigen Wassertropfen.
Auch für die Hygiene wird nicht viel Wasser verbraucht. So waschen sich viele Tuareg,
die in stadtfernen Wüstengebieten leben, nur zweimal im Monat. Kein Wunder also, dass
sie oft einen herben Geruch aus Schweiß, Sauermilch, Urin und dem Rauch vom Holzfeuer
verströmen. Doch nie habe ich mich daran gestört. Dieses Aroma gehört nun mal zum
Wüstenleben, und jeder, der länger in der wasserarmen Einöde unterwegs ist, riecht ebenso.
Aus gesundheitlichen Gründen ist die Hygiene in den großen Wüsten Afrikas nicht so drin-
Search WWH ::




Custom Search