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oder es hoch in den Bäumen lagern. Ansonsten wurde man mitten in der Nacht vom
Kaugeräusch geweckt, und wenn man seine Taschenlampe einschaltete, sah man, wie ein
Esel die Vorräte mampfte, die man auf einer Tagestour nach Santa Marta geholt hatte. Die
Nächte wurden regelmäßig vom Ruf „Burro“ („Esel“) unterbrochen, gefolgt von einem
Sperrfeuer aus Kokosnussschalen. Wenn diese gegen seine Flanken prallten, sah der Esel
auf, überdachte die Situation und spazierte dann gemächlich davon. Besonders interessiert
waren sie an Karton und Papier. Helena gab mir mit schüchternem Blick ein Buch zurück,
das ich ihr geliehen hatte.
„Ich hoffe, du hast es schon gelesen. Ein Esel hat die erste Seite gefressen“, entschuldigte
sie sich. „Und die letzte.“ Hatte ich nicht. Trotzdem hatte ich Glück. Einem englischen
Rucksacktouristen hatten sie den Pass weggefressen. Wir stellten uns vor, wie er das dem
englischen Konsulat erklärte. „… äh ja, genau, von einem Esel gefressen.“
Phillipe versuchte, auf einem der Esel zu reiten. Der mochte es überhaupt nicht, geritten zu
werden, und raste mit Phillipe davon, der sich verbissen festhielt.
Dann hielt der Esel mit quietschenden Bremsen an und warf Phillipe über seinen Kopf hin-
weg direkt in Phillipes eigenes Lagerfeuer. Zum Glück schwelte das Feuer nur.
Es gab auch ganze Armeen von Ameisen und ein paar mehr Moskitos als nötig. Die
meisten Langzeit-Gäste - mit Ausnahme von Lionel, Carlos und Melissa - entwickelten
eiternde Wunden an ihren Knöcheln, wo Fliegen aufgekratzte Moskito-Bisse infiziert hat-
ten. Phillipe hatte eine Wunde an seinem Knie, die sich zu einem tiefen Loch entwickelte.
Er fragte einen der Fischer um Rat, der eine schmierige grüne Paste aus einer gestampften
Pflanze auftrug, welche die Infektion wenigstens eindämmte.
Die Vergewaltigung
Es gab einen hässlichen Zwischenfall. Eines Abends betranken sich die Einheimischen in
einer Bar. Einer der Einheimischen, ein Plantagenarbeiter, der in den umliegenden Kokos-
nussplantagen arbeitete, tastete sich ins Zelt einer jungen Schweizerin und vergewaltigte
sie. Am nächsten Tag hörten die anderen Kolumbianer davon. Sie schlugen ihn zusammen
und zwangen ihn, zur Polizei zu gehen. Der Vergewaltiger war ein ziemlich erbärmlicher,
trauriger alter Mann. Ich hatte ein bisschen Mitleid mit ihm: Er musste sich am laufenden
Band halbnackte westliche Frauen ansehen; diese reichen, gebildeten Geschöpfe kamen
aus Ländern, die zu besuchen er sich nie würde leisten können, und würden einen armen,
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