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Pferde, Schweine, Hühner und Rinder liefen frei über offene Weiden. Ein sanfter, mit Bäu-
men gesäumter Bach plätscherte durch die Wiesen. Es sah aus wie ein Park.
Nabusímake selbst lag an einem Ende dieses Tals. Strohgedeckte Steinhäuser und schmale
gepflasterte Straßen waren von einer niedrigen Bruchsteinmauer und einem trockenen
Graben umgeben - ganz wie ein Dorf in einem Asterix-Comic. Es war, als wären wir um
1000 Jahre zurückgeworfen worden. Bis auf eine 7 Meter hohe Antenne auf dem Dorfplatz.
Es gab kaum Anzeichen von Aktivitäten, da die Arhuaco eigentlich nicht im Dorf leben.
Jede Familie besitzt hier ein Haus, kommt aber nur zu Festlichkeiten und Versammlungen
her. 35
---35 Eigentlich leben sie in Bauernhöfen, die über die Berge verteilt sind. Die meisten Familien haben zwei Höfe: Einen
im Tal für den Winter sowie höher in den Bergen einen weiteren für den Sommer.
Ein Mann kam aus einem großen Haus, einen flaschenförmigen ledernen Wassersack in der
Hand. Er stocherte mit einem schmalen Stock darin herum und schien etwas zu zermahlen.
Ein Dutzend weitere Männer starrte uns über die Mauer hinweg an; alle stocherten geistes-
abwesend mit Stöcken in ihren Ledertrinkschläuchen herum. 36
---36 Diese bezeichnet man als Poporos. Man benutzt sie, um Muscheln zu zerstoßen. Dadurch erhält man ein alkalisches
Pulver, das mit Koka reagiert und den Betäubungseffekt verstärkt. Für die Arhuaco ist Koka das Symbol der Frucht-
barkeit. Der Stock und das Poporo stehen für den Penis respektive für den Mutterschoß.
Schließlich kam ein alter Mann heraus und verkündete, dass wir im Tal bleiben könnten,
jedoch das Hochgebirge verboten sei.
Wir waren enttäuscht, aber nicht überrascht. Ich hatte gehört, dass die Berggipfel für die
Arhuaco heilig sind. Sie verbringen viele Tage in der Wildnis des Hochgebirges, um mit
ihren Göttern zu kommunizieren, und sind an einem Zustrom von Kletterern und Wander-
ern nicht interessiert. Sie glauben auch, dass alles Leben das Gleichgewicht der Natur stört;
man muss Zahlungen leisten und Opfer darbringen, um solche Störungen auszugleichen.
„Jüngeren Brüdern“ wie uns, so schien mir, trauten sie wohl nicht zu, dieses Gleichgewicht
zu respektieren. Also waren uns die Gipfel verwehrt.
Aber auch das Tal war ein bezaubernder Ort. Eine Latino-Frau vermietete Zimmer in ihrem
Bauernhaus, einem hübschen steinernen Häuschen am Bach. Wir erforschten das Vorge-
birge und das Dorf und schwammen in Felstümpeln. Robert, der Diabetiker war, kollabierte
immer mitten im Bach. Gelegentlich galoppierten Raphael und die Kanadier auf Pferden
vorbei; Raphael war ausgestattet wie Prince Charles bei einem Polo-Spiel.
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