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Wir überlegten gerade, was wir tun sollten, als wir Pferde hinter uns hörten. Wir drehten
uns um und sahen zwei Arhuaco-Männer, die aus dem strömenden Regen auftauchten. Ver-
ständlicherweise waren sie überrascht, uns zu sehen. Sie konnten kaum Spanisch, aber da
sie erkannten, dass wir eine Unterkunft suchten, gaben sie uns ein Zeichen, ihnen zu folgen.
Wir trotteten hinter ihnen her, bis wir eine Gruppe Hütten erreichten. Die Männer zeigten
auf eine davon und sagten, dass wir dort übernachten könnten.
Die beiden Männer verschwanden im Regen. Die Hütte war ein kleines, rundes, stro-
hgedecktes Gebäude. Nicht nur das Dach war aus Stroh, sondern auch die Wand: Sie best-
and aus einem Holzrahmen, der mit Zweigen und Gestrüpp ausgestopft war. Innen bestand
sie aus einem einzelnen Zimmer, das bis auf eine hölzerne Bank, einen Stapel Feuerholz
und eine kleine Feuerstelle in der Mitte des Bodens leer war.
Wir erblickten flüchtig einige Leute in den nahegelegenen Hütten, aber niemand beachtete
uns. Also gingen wir hinein und breiteten unsere nassen Sachen zum Trocknen aus.
Dann bauten wir ein Feuer. Bald verschwand die Hütte in einer Wolke beißenden Rauchs.
Tränen liefen uns aus den Augen. Ich musste meinen Kopf aus der Tür stecken, damit sie
aufhörten zu brennen. Wir versuchten gerade, näher an das Feuer zu rücken, um etwas Reis
zu kochen, als ein kleines Mädchen von rund acht Jahren herein lugte. Mit weiten Augen
betrachtete sie die fremden Menschen drinnen. Wir lächelten und winkten ihr zu. Melissa
bot ihr ein Stück Schokolade an. Das Mädchen zögerte, zog sich zurück, erschien wieder
in der Tür und brachte schließlich den Mut auf, hereinzukommen. Ungläubig sah sie uns
an. Sie starrte unsere Schlafsäcke, Taschenmesser, Rucksäcke, Fleece-Pullis, Regenjacken
und Stiefel an. Fasziniert untersuchte sie das Bild von Nabusímake in unserem Reiseführ-
er. Hoffnungsvoll schielte sie zu unserer Mahlzeit aus Reis, Brot, Fisch und Schokolade
hinüber. Aber als sie unser Feuer untersuchte, sah sie uns angeekelt an. Wer waren diese
fremden Menschen, die mit all diesen fremdartigen Sachen von weit her kamen und nicht
einmal ein Feuer ordentlich machen konnten? Sie lehnte sich hinüber und ordnete das Feuer
mit einigen schnellen Handgriffen. Die Flammen schossen sauber nach oben. Der Rauch
bündelte sich zu einer sauberen Fahne und schwebte zur Decke hinauf. Die Hütte tauchte
aus dem Dunst auf. Das kleine Mädchen murmelte etwas bei sich selbst und lief davon, um
draußen zu spielen.
Am nächsten Morgen war es trocken. Wir waren nur noch ein paar Stunden von Nabusí-
make entfernt. Der Pfad erreichte seinen höchsten Punkt und fiel dann sanft in ein Tal ab.
Es war, als würden wir ein verlorenes Shangrila betreten. Vor uns lagen, in Wolken gehüllt,
die Berge der Haupt-Sierra. Wir kamen an weiteren Hütten vorbei, die genau so gebaut
waren wie die, in der wir übernachtet hatten.
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