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Sechster Tag
Die Kälte kam. Doch sie traf mich nicht. Ein Mensch, der gerne alles unter Kon-
trolle hat, bemüht sich zwangsläufig darum Prophezeiungen auf Richtigkeit zu über-
prüfen. Dazu wachte ich einmal in der Nacht auf, streckte die Nase kurz aus der
Kapuze des Schlafsacks, empfand Kälte an ihrer Spitze, fühlte mich ansonsten be-
haglich warm und schlief beruhigt wieder ein. Der Wetterbericht hatte sich als richtig
erwiesen und mein Schlafsack war sein Geld wert.
Gut ausgeschlafen kroch ich aus dem Zelt. Das schlechte Wetter hatte sich
ausgetobt. Hochnebel stand über den Bäumen und die Sonne dahinter war schon
dabei, ihn fortzuschaffen.
Meine nassen Textilien hingen schon seit dem Vorabend über der Heizung im
Trockenraum bei den Duschen. Jetzt lehnte ich die Luftmatratze auf der Sonnen-
seite gegen das Zelt.
Beim Frühstück besuchten mich der Alte und die Frauen. Was ich gestern
gemacht hätte, bei dem schrecklichen Wetter. Ich erzählte es ihnen. Sie bestaunten
meinen Spaziergang wie eine alpine Höchstleistung. Sie wären auch schon einmal
bei den Steinen gewesen, erfuhr ich. Aber sie wären mit dem Wagen gefahren. Zu
Fuß wären sie nicht mehr so gut zuwege. Und dann sei der Felsen immerhin 752 m
hoch, zu anstrengend um hinaufzuklettern, wenn man ein gewisses Alter übersch-
ritten habe. Ob ich denn heute noch bleiben würde.
»Nein«, sagte ich. »Sobald meine Sachen getrocknet sind, geht es weiter.«
Sie wünschten mir eine gute Fahrt.
Die Luftmatratze war immer noch feucht. Ich ließ sie stehen, räumte die anderen
Sachen aus dem Zelt und füllte die Packtaschen damit. Der Alte fuhr auf einem
Klapprad an mir vorbei. Weiter hinten auf der Zeltwiese hatten zwei Familien mit
Kindern große Hauszelte aufgebaut. Dünner Rauch quoll unter den Vorzelten her-
vor. Grillgeruch lag in der Luft. Vor einem der Zelte saß ein Mann auf einem
Klappstuhl. Er hielt eine Bierflasche in der Hand. Der Alte unterhielt sich mit ihm.
Dann kam er wieder bei mir vorbei und wünschte mir noch einmal: »Gute Fahrt.«
ZweiKindermiteinemBallliefenhinterihmher.Siebliebenneugierigbeimirstehen
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