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In dieser kleinen Stadt mit ihrem historishen Kern gibt es ein ebenfalls histor-
ishes, 125 Jahre altes Gefängnis, heute ein Jugendgefängnis. Den Leiter konnte ih
vor Reisebeginn davon überzeugen, mih vorbeishauen zu lassen. Ein Gefängnis ist
shließlih ein Ort, an dem niemand über eigene Geldmitel verfügt, was liegt also
näher, als zu taushen. Außerdem bin ih neugierig, wie der Austaush zwishen In-
hatierten und Vollzugsbeamten vonstatengeht. Gibt es da Freundshaten? Feind-
shaten?
In meiner Fantasie tauhen unwillkürlih auh Bilder von Gefangenen auf, die per
Taush an verbotene Dinge kommen wie Drogen oder Ausbruhswerkzeuge, die von
Angehörigen oder Freunden ins Gefängnis geshmuggelt wurden. Was ist dran an
diesen Fantasien?
Der Knast begrüßt mih mit hohen Baksteinmauern und Staheldraht. Als ih auf
die Eingangsshleuse zugehe und sehe, wie dort die Besuher kontrolliert werden,
komme ih mir vor wie in einer Filmszene. Erneut geht mir dieses Klishee von
der Nagelfeile im mitgebrahten Kuhen durh den Kopf, und sofort muss ih an
den Verbandskasten denken, in dem sih siherlih auh eine Shere beindet. War
mein letzter Taush vielleiht doh niht so geshikt? Werde ih mih und die
Inhatierten in Shwierigkeiten bringen? Ein wenig shuldbewusst betrete ih die
Eingangsshleuse. Ih gebe meinen Personalausweis beim Wahpersonal ab und
zeige dem Vollzugsbeamten grinsend den Verbandskasten. Als ih sage »Das ist das
Taushobjekt, um das es geht«, shaut er etwas überrasht hinter seiner shusssiher-
en Sheibe her, winkt mih dann aber mit einem Stirnrunzeln durh. Jetzt bin ih also
drin im Knast, mit Verbandskasten inklusive Shere. Das Gefühl, etwas Verbotenes
zu tun, bleibt.
Ih bin froh, als ih shließlih beim zuständigen Vollzugsbeamten eintrefe, der
sih bereit erklärt hat, mit mir über das hema »Taushkultur im Gefängnis« zu
sprehen. Wir gehen über einen immer wieder durh Gitertüren unterteilten Flur
der JVA. Der Vollzugsbeamte erzählt mir, dass Taushen für die Inhatierten tatsäh-
lih zum Alltag gehöre, nur so könnten sie an manhe begehrten Dinge kommen,
die sie sih niht einfah kaufen könnten. Die Anstaltsleitung toleriere das, wenn
die getaushte Ware einen gewissen Wert niht übershreite, dagegen würden ille-
gale Taushgeshäte, wie der Erwerb von Drogen oder größeren Gegenständen wie
Elektrogeräten, streng unterbunden.
Später trefe ih mehrere inhatierte Jugendlihe, die fast alle wegen Gewaltver-
brehen verurteilt sind. Serkan, der zwei Jahre in der Jugendabteilung abzusitzen
 
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