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Daugavpils
Katholizismus. Russische Beamte
wurden nach Latgale entsandt, Rus-
sisch wurde zur offiziellen Sprache.
Erst gegen Ende des Ersten Weltkriegs
tat sich für Latgale die Möglichkeit auf,
zum freien Lettland zu gehören. Beim
Kongress von R™zekne 1917 stimmte
die Mehrheit dafür. Es dauerte aber
noch bis 1920, dass Latgale eine der
vier Provinzen des erstmals souverä-
nen Staates wurde.
Während des Zweiten Weltkriegs
und danach hatte Latgale ein ähnli-
ches Schicksal zu tragen wie der Rest
des Landes: Sowjet-Okkupation, Nazi-
Besatzung, Zugehörigkeit zur Sowjet-
union bis 1991. Seit der Wiedergewin-
nung der lettischen Freiheit hat es Lat-
gale vielleicht am schwersten von al-
len Regionen, denn hier leben die
meisten Russischsprachigen, die sich
am wenigsten mit dem neuen, eigen-
ständigen Lettland identifizieren kön-
nen und daher wenig begeistert nach
vorn schauen.
Schwierig ist auch die Lage mit der
langen, durch den Schengen-Beitritt
Lettlands noch undurchlässiger ge-
wordenen Ostgrenze zu Russland
und Weißrussland. Auf der anderen
Seite ist Russland (Weißrussland weni-
ger) immer noch ein wichtiger Han-
delspartner, und Latgale fällt hierbei
die Rolle einer Brücke zwischen bei-
den Ländern zu. Das sehr von Hand-
werkskunst und Landwirtschaft ge-
prägte Latgale entdeckt auch gerade
erst sein durchaus vorhandenes tou-
ristisches Potenzial.
Daugavpils ist nicht nur die Kapitale,
sondern schlicht die alles dominieren-
de Stadt von Latgale, obwohl es im
äußersten Süden dieser Region liegt.
Mit knapp über 100.000 Einwohnern
darf es sich zweitgrößte Stadt Lett-
lands nennen.
Auf den Straßen dominiert die russi-
sche Sprache, auch wenn die Werbe-
tafeln, Schilder und Beschriftungen an
den Geschäften fast alle auf Lettisch
sind. Wer in den Laden geht und mit
„labdien“ freundlich einen guten Tag
wünscht, wird wahrscheinlich eher
Staunen auslösen, auch wenn die
meisten Menschen natürlich Lettisch
können, besonders die jüngeren Rus-
sen, die es seit 1991 in der Schule ler-
nen. Ältere Russen tun sich da schon
schwerer. Sie mussten bis in die Neun-
ziger Jahre hinein nie Lettisch spre-
chen, weil Russisch als offizielle Amts-
sprache fungierte. Bis heute können
sie in Daugavpils mit fast jedem auf
Russisch kommunizieren. Es ist inte-
ressant zu beobachten, wie die Men-
schen hier in diesem Zwiespalt leben
mit dem allgegenwärtigen Lettisch als
offizieller und Russisch als Umgangs-
sprache. Gut zwei Drittel der Stadtbe-
wohner waren bei der letzten Zählung
Russen, Weißrussen oder Ukrainer.
Gut 15 % identifizierten sich als Polen,
die zwar katholisch sind, aber auch
eher Russisch als Lettisch sprechen.
Nur 17 % gaben sich als Letten aus.
Daugavpils macht bisweilen einen
leicht verschlafenen Eindruck. Dies
kann jedoch darüber hinwegtäuschen,
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