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und der Residenz von König Friedrich
Wilhelm III. und seiner Gattin Luise.
Sie residierten im späteren „Alten Rat-
haus“ in der Alexanderstraße (heute
Danës g.). Zar Alexander I., der sie
schon 1802 in Berlin besucht hatte,
war hier im April 1807 drei Tage zu
Gast. Der König erließ hier u.a. den
Befehl zur Abschaffung der Leibeigen-
schaft in Preußen. Die legendäre Köni-
gin Luise unternahm hier ein vergeb-
liches Friedensangebot an Napoleon.
1812 besetzten russische Truppen
kurzfristig die Stadt.
Danach folgten einige ruhigere Jahr-
zehnte. Handel und Wirtschaft blüh-
ten auf. Das Jahr 1854 brachte zu-
nächst einen enormen Aufschwung,
weil durch Ausbruch des Krimkriegs
der gesamte russische Handel über
den Hafen von Memel lief (unter den
vermögenden Kaufleuten war auch
Heinrich Schliemann, der spätere Ent-
decker Trojas). Im gleichen Jahr ereig-
nete sich aber eine Brandkatastro-
phe, die fast die gesamte Stadt ver-
nichtete. 1871-1919 gehörte Memel
zum deutschen Kaiserreich. 1873
wurde der Kaiser-Wilhelm-Kanal fer-
tiggestellt. Es erfolgte der Versuch der
Germanisierung der litauischen Be-
wohner, der jedoch auf Widerstand
stieß. 1875 erfolgte der Bau der Eisen-
bahnlinie nach Tilsit, die Stadt florier-
te durch Schiffbau und Holzhandel.
Im Frieden von Versailles wurde
das Gebiet nördlich des Nemunas
(Memel) 1919 zunächst zum Völ-
kerbundsmandat, dann am 15.1.1920
zur treuhänderischen Verwaltung an
Frankreich übergeben. Nachdem die
Region Vilnius 1920 von Polen annek-
tiert wurde, beanspruchte Litauen ver-
schärft das Memelgebiet. Im Januar
1923 besetzten litauische Freischär-
ler die Stadt und das Memelland, in Ši-
lutë forderten sie am 19. Januar den
Anschluss Klein-Litauens an Litauen.
Die 200 französischen Soldaten erga-
ben sich widerstandslos. In der am
8.5.1924 unterzeichneten Memelkon-
vention übertrugen die Hauptmächte
der Alliierten ihre Rechte aus dem Ver-
sailler Vertrag an Litauen, wodurch
das Memelgebiet Autonomiestatus
unter litauischer Oberhoheit erlangte.
Der Landtag bestand jedoch überwie-
gend aus antilitauischen Abgeordne-
ten. Die überwiegende Mehrheit der
Memelländer fühlte sich immer noch
dem Deutschen Reich und Kulturkreis
angehörig und wählte überwiegend
auch deutsche Parteien (diese erhiel-
ten 1938 sogar 87 % der Stimmen, ob-
wohl nur rund die Hälfte Litauer wa-
ren). Am 23. März 1939 erzwang das
Deutsche Reich die Rückgabe des
Memellandes, die letzte Rückerobe-
rung vor Ausbruch des Zweiten Welt-
kriegs (ansonsten hätte die Wehr-
macht ganz Litauen besetzt). Litauen
wurde nur eine Freihafenzone in Me-
mel für 99 Jahre zugestanden. Am
gleichen Tag traf dann der „Führer“ in
Memel ein und proklamierte vom Bal-
kon des Theaters den Anschluss des
Memellandes. Als deutsches Staats-
gebiet blieb das Memelland deshalb
vom „Heim ins Reich“-Programm ver-
schont.
Fünf Monate später begann der
Zweite Weltkrieg, und am 28. Januar
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