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dergang des deutschen Viertels bei. Die
1934 gegründete deutsch-jüdische Zei-
tung Der Aufbau wurde 2004 eingestellt.
Der Bereich westlich der Bowery war
das Zentrum der irischen Einwanderer
mit der St. Mary's Church (1833) in der
Grand St. als Mittelpunkt. Gerade das iri-
sche Viertel genoss einen üblen Ruf: Die
Iren hatten hier so etwas wie eine eige-
ne Mafia aufgebaut und terrorisierten
ganze Stadtviertel. Gefördert wurde das
schlechte Ansehen aber auch durch die
Abneigung der meist puritanischen Ame-
rikaner gegenüber den lebenslustigen
und trinkfreudigen katholischen Iren.
Dieser irische Teil der Bowery galt als
Vergnügungsviertel der Stadt, mit Tanz-
hallen, Schießbuden, Lotterieständen
und der „Säufermeile“ Skid Row. Inzwi-
schen ist daraus eine respektable Fla-
nierstraße geworden, mit empfehlens-
werten Lokalen wie Phebe's Tavern &
Grill (361 Bowery) oder Katra (217 Bo-
wery) sowie einer ganzen Reihe Ateli-
ers. Leider hat das Amato Opera House
(319 Bowery) 2009 den Betrieb aufge-
geben, doch im ehemaligen Bouwerie
Lane Theater (heute Jean Cocteau Re-
pertory Theatre, 330 Bowery) wird wie-
der gespielt. Mittlerweile hat ein Revival
die ganze Lower East Side erfasst: Neue
Shops, Boutiquehotels, Lokale und Bars
(zunehmend lateinamerikanisch-mexika-
nisch ausgerichtet) sorgen für ein reges
Nachtleben - besonders an Wochenen-
den - und v. a. junge New Yorker ziehen
in die alten, renovierten Wohnblöcke und
neuen Apartmentbauten. Auch die weni-
gen verbliebenen alteingesessenen jü-
dischen Läden und delis profitieren von
dem Boom, da sie nicht nur Qualität bie-
ten, sondern unter den Rückkehrern ins
Viertel auch jüdische Familien sind.
Ù Chinatown **
[D21]
Chinatown ist der beherrschende Teil der
Lower East Side, denn die Asiaten haben
hier nach Deutschen, Iren und Juden
die Hauptrolle übernommen. Im Unter-
schied zu den größeren Chinesenvierteln
in San Francisco oder Vancouver präsen-
tiert sich der Stadtteil in New York kaum
touristisch. Der Kern des zu Beginn des
20. Jh. entstandenen Viertels befindet
sich im Südzipfel der Lower East Side
zwischen Canal Street, Broadway und
Bowery, mit Mott und Grand Street als
Lebensadern.
Läuft man durch die Straßen, fühlt
man sich nach China versetzt, man hört
hauptsächlich asiatische Dialekte und
ebensolche Schriftzeichen weisen auf
die Angebote der Läden und Spezialitä-
ten der Lokale hin. Das Geschehen kont-
rollierten und kontrollieren wohl noch im-
mer die „Tongs“, Handelsgesellschaften
und Verbrechersyndikate in einem, und
Banden sollen hier noch immer ihr Un-
wesen treiben. Brutale Bandenkriege wie
im Areal um Doyers und Pell St. - nicht
ohne Grund „Bloody Angle“ genannt -
sind heute allerdings zum Glück passé.
In letzter Zeit nehmen durch Zuwande-
rung aus Hongkong die Einwohnerzahlen
in Chinatown zu und damit wächst das
sowieso schon überbevölkerte Wohn-
viertel - mit geschätzten 100.000 Men-
schen, v. a. aus China, Taiwan und Hong-
kong - weiter. Die Textilfabriken (sweat
shops) sind auch hier der älteste Wirt-
schaftszweig und es rackern sich nach
wie vor die (zumeist weiblichen) Arbei-
ter 10 bis 14 Stunden täglich und sechs
Tage in der Woche für einen Hunger-
lohn, ohne Sozialleistungen und unter
elenden Bedingungen ab. Mit den Hong-
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